Ein Auto explodiert auf der Ratswegbrücke, ein hinterherfahrender vollbesetzter Linienbus versucht auszuweichen, stürzt dabei auf die unter der Brücke verlaufende Bahnstrecke und wird von einem Zug erfasst und zerfetzt. Dieses Katastrophenszenario war Grundlage der heute im Güterbahnhof Frankfurt Ost stattfindenden Katastrophenschutzübung "Katex 2005".
Neben 300 Statisten und 1500 Einsatzkräften von Polizei, Feuerwehr, Rotem Kreuz, THW und der DB AG waren die beiden Triebzüge 420 202 und 299 an der Übung beteiligt.
Um kurz vor 7 Uhr morgens ging es für mich los: Mit 420 202 (dem ältesten einsatzfähigen Hl. ET aus der 3. Bauserie) wurde an den seit einem Monat z-gestellten 420 299 beigefahren. Obwohl er bereits einen Monat lang kalt abgestellt im Aussenbahnhof vor sich hingegammelt hatte, ließ sich der ET auf Anhieb aufrüsten - echte Wertarbeit eben!
Schnell noch in die Werkstatt nach Griesheim, die Hilfsschaku aufladen, dann ging es nach Frankfurt Ost, einem Bahnhof, der im Planbetrieb keine S-Bahnen sieht. Da wegen der Übung die Oberleitung auf dem Gleis, auf dem der Zug abzustellen war, bereits abgeschaltet war, wurde der Vollzug abgerüstet und schleppfertig gemacht - eine Aktion, die beim 420 einschließlich Bremsprobe etwa 10 Minuten in Anspruch nimmt - im Gegensatz zu einem gewissen zehnachsigen Hightechtriebwagen, bei dieser Vorgang ein Vielfaches der Zeit in Anspruch nimmt.
Mit Hilfe einer V60 begann dann die Rangierfahrt ins Gleis 578. Der Einsatzleiter war unzufrieden, da sich nicht der zu demolierende 420 299, sondern der noch für zukünftige Einsätze benötigte 420 202 an der Spitze befand. Also war noch einmal umrangieren angesagt.
Nach dem Umrangieren herrschte noch Ruhe auf dem Güterbahnhofgelände.
Zeit genug für Kran "Dicky", seine Kräfte am Hl.ET auszutoben: Mit dem Kranhaken wurden Scheiben eingeschlagen und Türen eingedrückt, um Schäden eines Aufpralls zu simulieren.
Trotz der Kraft des Kranes blieben die Schäden in Grenzen. Da zeigt sich eben die Robustheit des Qualitäts-ET! Ob es beim 423 auch bein ein paar Beulen und eingedrückten Scheiben geblieben wäre?!?
Im Gleis 578 war ein in der Mitte geteiltes Wrack eines O405N aufgestellt worden. Das Auflaufhorn der Schaku von 420 299 hat sich in die Aussenhaut des Busses gebohrt und die Schaku ist beim Aufprall aufgegangen.
Rauchwolken über der Ratswegbrücke. Die Feuerwehr hat zu Übungszwecken ein brennendes Autowrack auf der vierspurigen Straße aufgebaut. Der gesamte Auto- und Strassenbahnverkehr an der vielbefahrenen Brücke wird gesperrt. Bald heulen die Sirenen und der Bahnhof füllt sich mit vielen roten Autos.
In der S-Bahn und dem Buswrack wurden die Statisten -zum großen Teil Bundeswehrsoldaten- verteilt. Die Maskenbildner hatten ganze Arbeit geleistet: Es gab abgetrennte Füße, blutende Armstumpfe, aufgerissene Beine und sogar eine Statistin mit einem quer ins Gesicht getriebenen Holzkeil! Auch die Medienvertreter von Radio und Fernsehen waren vertreten. Polizei und Rettungskräfte filmten das Spektakel zu Schulungszwecken.
Die Türen des 420 sind aufgebrochen und die Leitern zur Evakuierung angelegt. Leichtverletzte werden herausgeführt, Schwerverletzte auf Tragen ins auf einem benachbaren Parkplatz aufgebaute Versorgungszelt gebracht.
Die Kälte und der unablässig strömende Regen machen das Betrachten der Szenerie alles andere als angenehm und ich verziehe mich ins nahegelegene Stellwerk zu Kaffee und Kartoffelsuppe. Auch den Rettungstrupps und Einsatzleitern wird es zu ungemütlich: Da die oft nur leicht bekleideten Statisten sich im Versorgungszelt zu unterkühlen drohen, wird die Übung gegen 13:30 abgebrochen.
Hilfsschaku und V60 kommen wieder zum Einsatz. Während der demolierte 299 und sein unversehrter Begleiter 202 wieder unter Fahrdrahtspannung geschoben werden, räumt "Dicky" die Bus-Teile zusammen und platziert sie auf den K-Wagen.
Hilfsschaku abbauen, Sperrstück verlegen, Absperrhähne vom selbsttätigen Absperrventil wieder öffnen, aufrüsten und Schluß einschalten. Schnell erwachen die beiden "Heiligen" wieder zum Leben.
Bremse in Ordnung; vor der Fahrbereitmeldung noch kurz ein Abschiedsfoto vor der Kulisse des Containerbahnhofs. Für 420 299, der extra für heute eine Lauffähigkeitsbescheinigung erhalten hatte, war es die allerletzte Fahrt mit eigener Kraft. Seine nächste Fahrt wird der Triebwagen, der als einziges Frankfurter Fahrzeug die eckigen Motorstrom- und Fahrdrahtspannungsanzeigen mit Rundzeiger der 7./8. Bauserie besitzt, abgebügelt im Schlepp einer 110 nach Ehrang antreten.