Wer seinen Zug liebt...

  • http://www.pic-upload.de/view-22356427/Meridian_schieben.jpg.html


    http://www.youtube.com/watch?v=qEmayetBEPw


    ...der schiebt. So ging's Fahrgästen des krisengeschüttelten Meridian am Montag bei Kiefersfelden, BY.
    Auf einer zweigleisigen Hauptstrecke :!: Der Lokführer muss nun um seinen Job bangen, nachdem gegen ihn ein Verfahren wegen gefährlichen Eingriffs in den Schienenverkehr aufgenommen wurde. Ich halte das für unverantwortlich, auf einer eingleisigen Strecke, hätte man ja noch ein Auge zudrücken können, aber auf einer Strecke, wo im Minutentakt Fern und Güterzüge mit mehr als Hundert Sachen vorbeibrausen??


    Zum technischen Hintergrund:
    Der Zug hatte gerade die Trennstelle Kiefersfelden/Kufstein an der deutsch-österreichischen Grenze passiert. Jedoch bremste die empfindliche Elektronik des fabrikneuen FLIRT-Triebzuges, nachdem sie Spannungsabfall festgestellt hatte. Der entnervte Lokführer hatte nun die Idee, die Fahrgäste den 114 Tonnen schweren Zug ein Stück zurück schieben zu lassen, um wieder "Saft" zu haben. Das Schieben, das weiß jeder Physik-Interessierte, geht erstaunlich leicht, da so ein Zug, wenn er einmal in Bewegung ist, vergleichsweise leicht zu schieben ist. Eisen auf Eisen eben. Der Geschäftsführer des Meridian gab keine genaueren Informationen weiter, sagte bloß, es werde intern ermittelt.

  • Ein Anruf bei der ZES bzw. dem zuständigen Fdl, und schon wäre die Trennstelle überbrückt und wieder Saft auf der Leitung - das bekommt man gleich am Anfang der Grundlagen E-Technik-Ausbildung beigebracht. Doch wenn man eben an der Ausbildung spart und das mangelhaft ausgebildete Personal dann auf solchen Strecken einsetzt, dann muss man sich über derartige Vorkommnisse nicht wundern. Dem Lokführer kann man dann höchstens zum Vorwurf machen, dass er fahrlässig gehandelt hat, in dem er die Leute zum Schieben mit aus dem Zug genommen hat... Vielmehr müsste man die, die deren Ausbildung geplant und durchgeführt haben, dafür rankriegen.

  • Ein Anruf bei der ZES bzw. dem zuständigen Fdl, und schon wäre die Trennstelle überbrückt und wieder Saft auf der Leitung - das bekommt man gleich am Anfang der Grundlagen E-Technik-Ausbildung beigebracht.


    Kannst du das bitte für eine Laien erklären, Patrick? Danke! :)

  • Eine Trennstelle überbrücken? Na Holla die Waldfee... Also ich weiß zwar nicht was ihr da in Deutschland anstellt aber bei uns in Österreich geht das sicher mal nicht. :whistling: Das ist technisch auch gar nicht möglich und selbst wenn würde es einen mehr oder weniger netten Kurzschluss geben.


    Passiert ja heute noch teilweise, dass ein Tfz die Trennstelle - wie auch immer - überbrückt und dann macht es einen netten "Klescher" und die Energieleitstelle in Innsbruck und eventuell ein paar Mitarbeiter im nächsten Unterwerk werden ein bisschen was zu tun bekommen. ;)



    Ist mir auch schon passiert, als ich mit einem Tandem unterwegs war und irgendwie die Trennstelle überbrückt worden ist... War nicht ganz soooo lustig :whistling: Kurz gesagt - ich habe meine Loks keinen Millimeter mehr bewegen können nach der Aktion :pinch:

  • zwar nicht was ihr da in Deutschland anstellt aber bei uns in Österreich geht das sicher mal nicht.


    Es gibt in Deutschland wohl Schutzstrecken, bei denen das geht (zwei Fahrleitungstrenner mit einem kurzen Abschnitt dazwischen, der wahlweise mit einem der beiden benachbarten Fahrleitungabschnitte verbunden werden kann), aber die, bei der es schiefgelaufen ist, gehört laut dem, was man andernforum so liest, nicht dazu.

  • Mal eine doofe Frage von mir als Nicht-EiB:


    Warum ist da überhaupt eine Trennstelle zwischen den beiden Netzen? Ich dachte immer, dass Deutschland und Österreich dasselbe Stromsystem haben.


    Gruß aus Hannover,


    Christian

  • Moin, also eine solche Schutzstrecke beginnt mit einem Trenner, darauf folgt ein neutraler, stromloser Abschnitt und endet mit einem weiteren Trenner. Bleibt man im ungünstigsten Fall im stromlosen Abschnitt liegen, dann kann man durch einen Anruf bei der Zentralen Einschaltstelle "ZES" den zweiten Trenner überbrücken lassen, so dass der neutrale Abschnitt dann mit Strom des "neuen Abschnittes" gespeist wird und die Fahrt fortgesetzt werden kann. Durch den ersten Trenner ist aber nach wie vor gewährleistet, dass es nicht zu einem Kurzschluss kommt - wichtig ist nur, dass im gesamten Zug nur ein Stromabnehmer gehoben ist. Das fragt die ZES dann aber ab.


    Die betroffene Schutzstrecke besitzt diese Möglichkeit übrigens auch, wie mehrere, streckenkundige Tf im Tf-Portal für Tf der DB AG bestätigt haben.


  • Warum ist da überhaupt eine Trennstelle zwischen den beiden Netzen? Ich dachte immer, dass Deutschland und Österreich dasselbe Stromsystem haben.


    Trennstellen trennen die Speisebereiche verschiedener Unterwerke, und ein Unterwerk kann nur einen begrenzt großen Bereich versorgen. Zwischen den Unterwerken (und teilweise auch innerhalb des Bereichs eines Unterwerks) gibt es Trenner, damit man z. B. bei Störungen nicht gleich das Netz in ganz Deutschland abschalten muss.


    In zwei benachbarten Speiseabschnitten kann die Spannung durchaus mal um ein, zwei Kilovolt variieren, je nach Netztopografie und Lasten im Netz. Außerdem ist je nach Versorgungskonzept auch nicht gewährleistet, dass zwei benachbarte Abschnitte die gleiche Phasenlage haben (also könnte der eine Abschnitt gerade +15kV in der Fahrleitung haben und der benachbarte -15kV). Letzteres betrifft allerdings nur ganz bestimmte Gegenden in Ostdeutschland.

  • Zitat

    damit man z. B. bei Störungen nicht gleich das Netz in ganz Deutschland abschalten muss.


    Heist das, dass sowas auch in Deutschland passieren könnte?

  • Mit 1116 und 1144 war ich damals unterwegs. Und beide Loks waren danach untauglich :pinch: Warum es da einen Kurzen gegeben hat, weiß man übrigens bis heute nicht. Hauptschalter war bei beiden Tfz eindeutig aus. Aber naja...


    Es gibt auch Trennstellen die keinen eigenen stromlosen Abschnitt in der Mitte haben. Da existieren oft auch nur 1 oder 2 direkt hintereinander gelegene Trenner ohne stromlosen Abschnitt dazwischen.


    Übrigens auch in Kufstein gibt es keinen stromlosen Abschnitt dazwischen, sondern nur 2 einfache Trenner. Mehr ist auch nicht notwendig wenn die gleichen Spannungssysteme aufeinandertreffen.


    Auch zu sehen hier:
    http://youtu.be/bxzWn-h-Q5Q?t=3m8s


    Anders schaut es da zb am Brenner, in Tarvisio Boscoverde oder Jesenice aus. Da befindet sich zwischen 15 kV Wechselstrom und 3 kV Gleichstrom natürlich ein komplett isolierter stromloser Abschnitt dazwischen - zudem gilt dort dann natürlich auch "Bügel ab" ;)


    Siehe hier: Jesenice von 3 kV nach 15 kV
    http://youtu.be/i2LHnGmCDyM?t=53m34s


    Und Tarvis: von 15 kV nach 3 kV
    http://www.youtube.com/watch?v=jVaXq91MulU

  • Jetzt gibt's genauere Infos:
    Der Lokführer hat eine Zwangsbremsung kassiert und ist unglücklicherweise genau auf der etwa einen Meter langen Trennstelle mit seinem Zug zum stehen gekommen. Blöd gelaufen. Dumm ist nur, dass es, anstatt auf eine Überbrückung (ja das geht) zu warten, er lieber die Fahrgäste schieben ließ. Damit wollte er dem krisengeschüttelten Unternehmen wohl einen weiteren Image-Minuspunkt ersparen.


    Edit: joeKTN hat Recht. Hier geht es ja nicht um den Übergang zwischen zwei komplett unterschiedlichen Stromsystemen, wie am Brenner, sondern um die simple Aufteilung der Versorgungsbereiche. Die Österreicher würden es uns schließlich niemals verzeihen, wenn sie unseren Strom bezahlen müssten ;)

  • Ha! Zwangsbremsung war meine erste Vermutung.


    Der Tf war offensithclith sogar ein EBL.


    Andernforums kam das Gerücht auch auf, war wahrscheinlich aber eher doch nur ein ÖBL.


    (Trotzdem jemand, der es eigentlich besser wissen sollte.)

  • Hallo @sheldor84 ,


    der EBL ist der Eisenbahnbetriebsleiter und der ÖBL der Örtliche Betriebsleiter.


    Der Eisenbahnbetriebsleiter eines Eisenbahnunternehmens (Eisenbahnverkehrsunternehmens oder Eisenbahninfrastrukturunternehmens) ist für die Leitung und Überwachung der eisenbahnsicherheitsrelevanten Geschäftsabläufe verantwortlich. Er organisiert die Aus- und Fortbildung der Mitarbeiter, nimmt entsprechende Prüfungen ab, erlässt erforderliche Weisungen und Anordnungen, überwacht die Tätigkeiten der Mitarbeiter und klärt Ursachen von Unregelmäßigkeiten.


    Der Örtliche Betriebsleiter ist vom Prinzip her eine stellvertretende Position für den EBL, sein genauer Einsatz- und Aufgabenbereich wird vom EBL festgelegt.


    Gruß,
    Patrick