Gewerkschaftsfreiheit - Bitte um Mithilfe

  • Hallo zusammen,


    ich melde mich heute mal mit einem Thema, dass grundsätzlich alle Tarifkräfte in Deutschland und insbesondere uns Bahnangestellte betrifft. CDU, CSU und SPD haben sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, den „Grundsatz der Tarifeinheit“ per Gesetz festzuschreiben. Was so harmlos daherkommt, ist in Wirklichkeit eine Beschneidung von Grundrechten der Arbeitnehmer. Danach soll in einem Betrieb nur noch derjenige Tarifvertrag zur Anwendung kommen, an den die Mehrzahl der Gewerkschaftsmitglieder in diesem Betrieb gebunden ist. Die zahlenmäßig unterlegene Gewerkschaft würde durch eine solche Erzwingung der Tarifeinheit faktisch ihrer tarifpolitischen Eigenständigkeit beraubt. Darüber hinaus soll sich die Friedenspflicht für die Laufzeit des vorrangigen Tarifvertrages auch auf Tarifverträge der kleineren Gewerkschaft erstrecken. Damit würden vor allem Mitglieder von selbstbewussten Berufs- und Spartengewerkschaften, die meist nur einen bestimmten Teil der Belegschaft vertreten, einer uneingeschränkten Friedenspflicht unterworfen. Sollte eine solche Regelung Gesetz werden, hätten die Unternehmerverbände ihr erklärtes Ziel erreicht, „durch die Hintertür“, nämlich über eine Änderung des Tarifvertragsgesetzes, erstmalig im bundesdeutschen Recht ein Streikverbot zu verankern.


    Die Gewerkschaftsfreiheit gilt ausnahmslos für alle Arbeitnehmer in diesem Land. Tarifautonomie und Streikrecht sind unteilbar und keine Privilegien, die nach Gutdünken der Unternehmerverbände verliehen werden!


    Um gegen diesen Gesetzesentwurf vorzugehen, wurde eine Online-Petition ins Leben gerufen, die bei ausreichender Stimmlage an den Bundestag gerichtet wird und dieses Gesetz unterbinden soll. Ich persönlich würde mich freuen, wenn ihr, auch als Nicht-Eisenbahner oder Nicht-Tarifarbeiter, eure "Unterschrift" unter der Petition abgebt und so mit ein Zeichen setzt, dass wir Tarifkräfte kein "Freiwild" für die Arbeitgeber und Arbeitgeberverbände sind!


    https://www.openpetition.de/pe…n-streikverbot-per-gesetz


    Vielen Dank und liebe Grüße
    PatrickR

  • Hallo Patrick,


    meine Unterstützung hast Du zu einem solchen wichtigen Thema. Ich habe seit einigen Jahren immer mehr den Eindruck, das wir unsere seit den ca. 50 iger Jahren aufgebauten sozialen Errungenschaften immer mehr zu Gunsten von wenigen verlieren. Dazu hat nach meiner Auffassung die letzte Bundesregierung und auch die jetzige dazu beigetragen, das wir uns immer mehr in das Zeitalter der industriellen Revolution zurück entwickeln, wo es die heutigen sozialen Errungenschaften noch nicht gegeben hat.
    Der Arbeitnehmer heute ist doch nur noch eine "Ware", die man sich holt wenn sie gebraucht wird und anschließend "weg wirft" wenn sie nicht mehr benötigt wird oder unbequem geworden.
    Unser heutiges Wirtschaftssystem, was sich "Soziale Marktwirtschaft" nennt, hat den Zusatz "Soziale" schon längst nicht verdient. Die Rechte der arbeitenden Bevölkerung wird immer mehr zu Gunsten von Konzern beschnitten.
    Ein aktuelles Beispiel dazu ist z.B. das Mindestlohngesetz. Was sich im ersten Moment so super toll anhört, entpuppt aber bei genauer Betrachtung zu einem Schweizer Käse. Das Gesetz ist so löcherig und in manchen Teilen so schwammig gehalten, das es einen hohen Interpretationsspielraum hat, das es real bezogen nur für eine kleine Gruppe von Arbeitnehmern einen wirklichen Nutzen hat.
    Was derartige Gesetze oder ähnliche in unserer Gesellschaft anrichten können, sieht man tagtäglich auf der Straße.
    Ich habe erst letztens mit eine älteren Dame in unsere Gemeinde gesprochen. Sie hat über 45 Jahre in unser staatliches Rentensystem eingezahlt und bekommt nun den Mindestsatz an Rente und aufstockende soziale Leistungen so da sie in etwa das Hartz 4 Niveau erreicht. Hat das noch was mit sozialer Gerechtigkeit zu tun, wenn ein Mensch, der sein ganzes Leben lang in ein System einzahlt und am Ende seine Arbeitslebens zu einem ungewollten Sozialfall wird ?


    Eine Antwort auf die Frage schreibe ich jetzt nicht. Jeder von Euch sollte sich mal ein paar Gedanken dazu machen, weil dieses Frage jeden von uns betrifft.


    Viele Grüße
    Olaf

  • Im schönen Alpenland ist es wie folgt: Es existieren für viele Tätigkeits- und Gewerbebereiche eigene "Kollektivverträge", die man mit den deutschen Tarifverträgen vergleichen kann.
    Je nach Tätigkeit der Körperschaft (Firma) trifft dann der jeweilige KV zu, und alle Mitarbeiter dieser Firma werden nach diesem KV (aufgeteilt auf Angestellten- bzw. Arbeiterdienstverhältnisse) behandelt. Im KV sind nicht nur die reguläre Entlohnung, sondern auch Sonderzahlungen z.B. für Schichtdienst, erweiterter Urlaub, erweiterte Maximalarbeitszeiten, Dienstreisebestimmungen etc. festgelegt.


    Da für de facto alle Mitarbeiter in ein und demselben Betrieb derselbe KV gilt, sollte man sich schon vor dem Berufseinstieg überlegen, in welcher Firma/welchem Bereich man arbeiten möchte: Wenn man z.B. den "Metaller"-KV mit jenem der Handelsangestellten vergleicht, dann ist man sehr froh, wenn man nach ersterem entlohnt wird. ;)



    Ich finde es echt schräg, welche Petitionen auf dieser Seite gelistet sind! Schiedsrichter XY soll kein Spiel mehr bei Spielen des Vereins Z pfeifen. :rolleyes:

  • @PeterF - OpenPetition sieben ihre Petitionen nicht, solange diese der Benutzungsordnung entsprechen, de facto also solang sie nicht undemokratisch sind. Kommt zwar tlw. Murx raus, aber es deckt sich eben mit dem Ziel der Plattform - Demokratiestärkung. Eine ähnliche Plattform, die hingegen eine erkennbare politische Linie haben und wo die Petitionen handverlesen sind, wäre Campact; ebenfalls rel. groß und erfolgreich. Dort wirst Du solche Spaßpetitionen wie "Moderator XY raus aus den GEZ-finanzierten Programmen" nicht finden ;)
    Was die von Dir beschriebenen Verhältnisse angeht: Genau das droht uns auch hier :wacko: Das wird aber tlw. auch aus Arbeitgebersicht grad nach hinten losgehen. Guckt man sich beispielsweise die DB an, stellt man fest, dass das nicht konzernweit geregelt wäre, sondern der Begriff "Betrieb", der in den kursierenden Gesetzesinitiativen verwendet wird, viel weiter unten angreift. Es wird also nicht nur EVG- sondern auch GDL-Tarifverträge geben. Grad das Gegenteil dessen was die Arbeitgeber und deren Gewerkschaften wollen. Ich behaupte mal, das dürfte eine deutliche Verungleichmäßigung des Personalmangels verursachen. Im Extremfall könnten verzweifelte Personalverantwortliche sogar sich selbst in Schale werfen für die GDL, um ihre Dienststelle in den anderen Tarifvertrag zu hieven und damit bessere Chancen auf das knappe Personal zu haben. Na ob das das ist, was die Tarifeinheit beabsichtigt hat...? :D


    @PatrickR - danke für den Link! Hab es sofort unterschrieben und weiter verbreitet.

    Triebfahrzeugführer im Streckendienst der DB Fernverkehr in Frankfurt/Main
    BR: 101, 120, 147.5, IC-Steuerwagen, IC2-Steuerwagen, 401 ("ICE 1"), 402 ("ICE 2"), 403 ("ICE 3"), 406 ("ICE 3M"/"ICE 3MF"), 407 ("neuer ICE 3"), 411 ("ICE T"), 415 ("ICE T")

  • Hallo Patrick,


    bisher habe ich noch nicht unterschrieben, werde es aber in den nächsten Tagen tun. Insgesamt habe ich schon drei Petitionen an den Bundestag unterschrieben, die seltsamerweise alle von der gleichen Partei organisiert wurden, DIE LINKE. Die Veränderungen auf dem deutschen Arbeitsmarkt sind so übel, dass sich unsere Nachbarn massiv über unsere Niedriglöhne und Wettbewerbsverzerrungsmaßnahmen, kurz Subventionen, aufregen. Die Gehälter sind so stark gesunken, dass selbst Fachhochschulen kaum noch jemanden für Professorenstellen finden. Ein Professor, den ich sehr schätze, verglich seinen Arbeitsplatz mit einer Stelle als Putzfrau und nannte ihn Schleudersitz.


    Vielfach sagen die Politiker der GroKo, sie setzen sich für etwas ein, wobei sie genau das Gegenteil tun. Dieser Professor nannte etwa die Energiewende. Früher nannte man dies verlogen. Ich nenne diejenigen Untermenschen. Das ist für diese nicht einmal eine Beleidugung, denn Beleidigungen gehen zwingend mit einer Herabwürdigung einher und Untermenschen haben nunmal per Definition keine Würde.


    Ähnliche Zustände gab es früher mal in Groß Brittanien, wo Fußballfans den Tod der Eisernen Lady in Stadien gefeiert haben. Ich glaube, irgendwann feiern die Eisenbahner den Tod von Herrn M. in dessen Gedächtniskathedralen.


    Mit freundlichen Grüßen


    Einer, der stolz auf seine Parteimitgliedschaft ist

  • Als Linker sollte man sich der historischen Belegung des Begriffs "Untermensch" bewusst sein... Abgesehen davon versteh ich was Du meinst... Aber der Wähler will das wohl so. Wie sagte Churchill so schön? "Das größte Argument gegen Demokratie ist ein fünfminütiges Gespräch mit einem durchschnittlichen Wahlberechtigten." (er sagte allerdings auch, ebenso wahr: "Die Demokratie ist die schlechtestdenkbare Staatsform. Mal von allen anderen ausprobierten abgesehen.")

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  • Hallo Julian,
    das ist miir schon bekannt. Wenn einer seine Lügen glaubt, ist er nach Hannah Ahrendt verlogen, wie Erwin Pelzig in der Anstalt mal zitierte. Wenn er vorsätzlich lügt, ist er für mich ein Betrüger. Eine der beiden Varianten muss ja zutreffen. In der Politik kann man sich immer über alles eine Ewigkeit streiten. Nur sollte die Politik immer den gesetzlichen Rahmen für ein friedliches Miteinander setzen und allen Bürgern ein Auskommen garantieren, von dem sie dauerhaft existieren können. Das ist soweit wertkonservativ. Früher standen beide großen Parteien dafür.
    Diese ganze Entfremdung macht mir Angst. Notfalls können die Eisenbahner trotzdem streiken. Gandhi hat mit dieser Form des Ungehorsams ein Imperium zu Fall gebracht. In Bayern wollten die Hausärzte mal ihre Kassenzulassungen abgeben. Letzlich gilt für Widerstandskämpfer: Jedes Gesetz gilt nur solange, bis jemand die Größe hat, dagegen zu verstoßen. Die Eisenbahner hätten nicht nur wegen ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung diese Größe.
    LG Moritz