Bahn ohne eigenes Netz....

  • Die Bahn soll zum Börsengang das ganze Netz an den Staat abgeben und hat damit nicht's mehr beim Netz mitzureden. Doch gebürhen zum benutzen des Netz soll die Bahn angeblich nicht zahlen. (Laut Presse)
    Das wäre aber zimlich DOOF Bahn ohne eigenes Netz....

  • Wieso? Es gibt doch auch andere Privatbahnen ohne eigenes Netz, oder?


    Ich sehe das eher schon bedenklich wegen der Erfahrungen der Briten mit der Trennung.

  • Ich befürworte die Trennung total.


    Ich wünsche mir das schon lange.


    Sinn und Zweck der Trennung ist eine Gleichbehandlung der Bahn eigenen Eisenbahnunternehmen und anderen (z.B.Connex oder Rurtalbahn). Diese müssen nicht selten mehr für die Streckennutzung zahlen, als z.B. Railion oder DB Regio.


    Gruß Jens

  • Zunächst einmal was grundsätzliches: Bis 1994 wurde die Eisenbahn als Sondervermögen der Bundesrepublik Deutschland geführt. Da war die Deutsche Bundesbahn auf dem Gebiet der alten Bundesrepublik, die Deutsche Reichsbahn der ehemaligen DDR auf dem Gebiet der ehemaligen DDR und die S-Bahn Berlin. Helmut Kohl hat diese drei Sondervermögen in verschiedene Unternehmen umgewandelt, die alle der DB Holding AG gehören, die ihrerseits zu 100% der Bundesrepublik Deutschland gehört.


    Es gibt Eisenbahninfrastrukturunternehmen und Eisenbahnverkehrsunternehmen. Die DB Netz AG ist ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen, bei den verschiedenen DB-Regios und der DB Reise und Touristik handelt es sich um Eisenbahnverkehrsunternehmen. Während die DB Reise und Touristik ihre Fernverkehrszüge auf eigene Rechnung betreibt, betreiben die DB Regios ihre Nahverkehrszüge im Auftrag der jeweiligen Nahverkehrszweckverbände.


    Daß man die Eisenbahn an die Börse bringen will, scheint beschlossene Sache, es geht allein um die Frage, ob man die DB Netz AG aus der DB Holding AG hinauslösen soll oder nicht, bevor sie an der Börse plaziert wird. Das Problem ist, daß die hohen Instandhaltungskosten des Eisenbahnnetzes potentielle Investoren abschrecken könnte, man müßte das Eisenbahnnetz also noch weiter ausdünnen, auch mit dem Ergebnis, daß andere Tochtergesellschaften der DB Holding AG weniger Gewinne einfahren würde, was passiert z.B. wenn ein ICE wegen einer defekten Weiche nicht in der Lage ist, eine S-Bahn zu überholen? Ist die nächste Weiche, d.h. Überholmöglichkeit, nun drei oder dreißig Kilometer entfernt? Auch sowas ist zu beachten, wenn man Bahnhöfe zu Haltepunkten zurückbaut, weswegen es Politiker gibt, die das Eisenbahnnetz unter staatlicher Kontrolle halten wollen.


    Man könnte jetzt einige grundsätzliche Überlegungen zur Privatisierung der Eisenbahn treffen, das würde jetzt aber zu weit führen.

  • http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,417183,00.html


    Also ich halte den Spiegel für eine neoliberale Schmierpostille. Aber diesen Artikel solltet Ihr euch auch durchlesen.


    Ich möchte nicht wissen, was passiert, wenn sie die Eisenbahnverkehrsunternehmen unter dem Dach der DB-Holding AG demnächst in die Hände irgendwelcher Ackermänner legen. Dann ist die Eisenbahn bald überhaupt gar keine Verkehrsalternative mehr.

  • Privatisierung mit oder ohne Netz hängt im wesentlichen von zwei Fragen ab:


    a) Möchte man echten Wettbewerb oder maximale Einnahme beim IPO? Wenn Wettbewerb gewollt ist, muss das Netz unabhängig sein.


    b) Möchte man als Politik weiter auf das Netz Einfluss haben oder sollte dieses wirtschaftlich optimiert werden? Ersteres = nicht integriertes Modell.


    Aus dem Vergleich zu UK sollte man ableiten, dass eine eigenständige DB Netz AG zu 51 % im Eigentum des Staates bleiben sollte.

  • @ Florian


    Soweit stimme ich Dir zu. Die Frage ist, ob die Deutsche Bahn AG mit ihrem derzeitigen Netz überhaupt börsenfähig ist, oder ob sie nicht vom ersten Tag an ein Kandidat für eine feindliche Übernahme ist.


    Inzwischen gibt es nur noch wenige Nebenbahnen, die meisten Rückbauten wurden abgeschlossen oder sind konkret geplant, und trotzdem, selbst ein maximal ausgedünntes Netz wäre kaum börsenfähig. Das Netz, das man für einen vernünftigen Eisenbahnverkehr braucht, wäre zu unwirtschaftlich. Ich denke, daß zumindest das Eisenbahnnetz bzw. das, was davon übriggeblieben ist, nicht an der Börse versilbert werden sollte.

  • Mal abgeshenen davon, dass ich generell vom Börsengang einer Grundversorgung nichts halte (demnächst bringen wir noch unsere Kitas und Schulen an die Börse), wäre die mit Netz, die, die ich mir am wenigsten wünsche. Die Argumente sind ja schon häufig erwähnt worden. Was ich vor allem nicht verstehe, dass auch die Gewerkschaft unbedingt das Schienenetz an die Börse kriegen will. Kriegen die Gewerkschaftsvorstände Sonderbeteiligungen? Jeden noch klar denkenden Menschen müsste doch klar sein, dass ein Arbeitsplatz beim Staat viel sicherer ist als ein Arbeitsplatz der sich an die Interessen der profitorientierten Börse richtet.


  • die tageszeitung vom 23. August 2006

  • Die Frankfurter Rundschau hat sich heute mit dem Thema Börsengang der Deutschen Bahn AG befaßt. Albrecht Müller hat dazu einiges auf seiner Homepage geschrieben.


    Klick mich!


    Ich selbst denke, daß die Trennung von Netz und Betrieb nicht sinnvoll ist. Allerdings muß der Börsengang, und sei es nur teilweise, verhindert werden. Ein Netz beim Staat ist immer noch besser als ein Netz an der Börse. Wie Albrecht Müller schon schreibt, die Briten können ein Lied davon singen.

  • Das ist ja bereits jetzt der Fall. Ich erinnere nur an den S-Bahnunfall im Mai 2006 am Bochumer Hauptbahnhof.


    In der Nacht vom 16. auf den 17. Mai 2006 ist eine S-Bahn der Linie 1 wegen einer falsch gestellten Weiche versehentlich auf ein Abstellgleis gefahren, wo sie auf einen Rammbock gefahren ist und von dort aus gegen einen Oberleitungsmasten schleuderte.


    Bei dem verurteilten Fahrdienstleiter handelt es sich um einen 24jährigen Mann, der erst einige Wochen zuvor seine Prüfung abgelegt hatte. Für den Mann war es seine erste Nachtschicht und er war auf dem riesigen Stellwerk, das die Strecke von Langendreer bis Wattenscheid sowie die S-Bahnstrecke bis Hoentrop steuert. Parallel zu seiner normalen Arbeit mußte er drei Baustellen und Gleisreinigungsarbeiten betreuen. Seine Dienstanweisung, die sich als fehlerhaft herausstellte, erhielt er nicht - wie vorgeschrieben - fünf Tage vorher, sondern erst bei Dienstbeginn. Jetzt ist der Mann, ein gutes Jahr nach dem Ende seiner Ausbildung, arbeitslos und vorbestraft. Bei dem Unfall wurden zehn Menschen verletzt, vier davon schwer.


    Niemand fragt danach, wieso die Deutsche Bahn AG - offensichtlich zur Förderung der eigenen Börsenfähigkeit - das Stellwerk mit zu wenig Personal besetzt hat. Wie wird das erst aussehen, wenn die Bahn an der Börse ist und ihren Aktienkurs pflegen muß, wenn sie beständig gegen die Gefahren einer feindlichen Übernahme kämpfen muß? Wird da überhaupt noch jemand nach der Sicherheit der Fahrgäste fragen? Oder nach der Rechtssicherheit des Personals, wenn mal wieder falsche Anweisungen fünf Tage zu spät kommen?

  • Wie das Hamburger Nachrichtenmagazin Der Spiegel berichtet, scheitert der Börsengang womöglich an der SPD. Mehrere Landesverbände wollen beim Bundesparteitag im Oktober einen Antrag einbringen, sich gegen den Börsengang auszusprechen. Denn eins steht fest: Ohne die Stimmen der SPD wird der Börsengang im Deutschen Bundestag keine Mehrheit finden.


    Ich möchte noch einmal daran erinnern, daß laut §8(1) der SPD-Fraktionssatzung jeder SPD-Abgeordnete eine namentliche Abstimmung verlangen kann, die Ergebnisse würden dann im VORWÄRTS veröffentlicht werden. Liebe Leute, sprecht Eure (SPD-)Abgeordneten gezielt an, fragt sie, warum sie keine namentliche Abstimmung verlangen und welche Position sie zu der Sachfrage haben. Eure Abgeordneten findet Ihr hier.

  • Beim Bundesparteitag dürfte die Fraktionssatzung keine Rolle spielen. Ich vermute es geht in dem Paragraphen um Abstimmungen in Fraktionssitzungen.

  • Es geht um das Abstimmverhalten bei Bundestagssitzungen. Da die Entscheidung nicht der Bundesverkehrsminister, sondern der Deutsche Bundestag trifft, wäre es doch einmal interessant zu wissen, welche Genossen welche Meinung zum Börsengang der Deutschen Bahn AG haben. Deswegen ist es wichtig, die eigenen SPD-Abgeordneten gezielt anzusprechen, warum sie nicht von ihrem Recht gebrauch machen, eine namentliche Abstimmung zu verlangen und welche Meinung sie haben. Falls sie überhaupt eine eigene Meinung haben und nicht erst den Genossen Verkehrsminister danach fragen müssen. Denn daß es mit innerparteilicher Demokratie bei der SPD nicht weit her ist, ist ja keine Neuigkeit und nicht erst seit Schröders Basta-Politik der Fall.


    Was beim Bundesparteitag passiert ist eine andere Frage. Ich kann mir aber aus den genannten Gründen kaum vorstellen, daß der Bundesparteitag einen Beschluß gegen den eigenen Genossen Verkehrsminister fassen wird.