Eisenbahn ist nicht nur ein tolles Hobbythema mit vielen Aspekten, die hier in diesem Forum im Fokus stehen, nein, Eisenbahn ist auch ein Arbeitsplatz. Daher finde ich, dass auch dies hierhergehört. Es handelt sich hierbei um einen Text, den ich vorrangig für Google+ geschrieben hab und auch hier zeigen möchte. Es handelt sich hierbei um eine Antwort auf den dreist-dämlichen Kommentar von Yasmin el-Sharif (auch bekannt für "Deutschlands dümmste Gewerkschaft" in der Anfangszeit des laufenden Tarifkonflikts bei der DB AG), welcher unter http://www.spiegel.de/wirtscha…-kommentar-a-1019142.html gefunden werden kann.
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So, Frau Yasmin el-Sharif (Autorin des nicht minder, pardon, dummen Kommentars "Deutschlands dümmste Gewerkschaft" letzten Herbst) wird zwar selbst genau wissen dass sie Mist verzapft und sich lediglich als Hetzerin betätigt zu Gunsten eines der wichtigen Anzeigenkunden von +SPIEGEL ONLINE (honi soit qui mal y pense), aber ich will den Mist dennoch nicht unkommentiert lassen.
Stellen Sie sich vor, Ihr [...] [vergleichbarer] Kollege [...] verdient [...] ein paar Prozent mehr. Das finden Sie unfair? Vielleicht war Ihr Kollege einfach klüger und ist Mitglied in der richtigen Gewerkschaft. Eine solche Situation soll demnächst auch bei der Deutschen Bahn Einzug halten. So will es zumindest die Lokführergewerkschaft GDL [...].
Punkt 1: Bereits heute kriegen Kollegen mit haargenau dem gleichen Job verschiedenes Geld bei der DB. Grad die Zugbegleiter sind ein Extrembeispiel mit besonders vielen möglichen Varianten, nicht nur zwischen DB Regio und DB Fernverkehr, nein, auch jeweils innerhalb. Triebfahrzeugführer (Lokführer) ebenso - da gibt's welche mit Lohngruppe Lf6, manche mit Lf7, andere wurden in den erst vor relativ kurzem künstlich zu Lohndrückzwecken geschaffenen Lrf gesteckt... Dann gibt's da noch bspw. den DB-Billigbetrieb UBB. Kurz: Der Zustand droht nicht, der Zustand ist längst Realität.
Punkt 2: Der Zustand war und ist nicht gewerkschafts- sondern arbeitgebergewollt.
Die Bahn hatte sich [...] zwar darauf eingelassen, dass die Lokführergewerkschaft für all ihre Mitglieder verhandelt. Aber am Ende soll [...] der ausgehandelte Tarifvertrag mit der deutlich größeren Gewerkschaft EVG abgestimmt werden. So weit, so überschaubar, so lösbar? [...] Eine Lösung hat die GDL vergangene Woche vorerst unmöglich gemacht, als sie die Gespräche mit der Bahn überraschend hat platzen lassen. Begründung der Gewerkschaft: Die Bahn rücke einfach nicht von ihrer Forderung ab, die Tarifverträge zwischen GDL und EVG abzustimmen.
Punkt 3: Wöllten die Zugbegleiter, die zur GDL gewechselt sind, den EVG-Tarifvertrag, wären sie nicht zur GDL gewechselt.
Paar entscheidende Hintergründe: Die GDL war, als sie erstmals aus der Tarifgemeinschaft mit der EVG (die hieß damals anders und zwischendrin nochmal anders, aber der Einfachheit halber halte ich mich hier im Text durchgehend an den momentanen Namen) ausstieg, gezwungen einen Kooperationsvertrag mit der EVG einzugehen, demzufolge bis zur Tarifrunde 2014 die GDL nicht für andere als Lokführer verhandeln und TV unterschreiben dürfe. (Was die EVG bekanntlich nicht daran hinderte, heuchlerisch der GDL vorzuwerfen, sie sei egoistisch und unsolidarisch den anderen Berufsgruppen gegenüber...) Das war den übertretenden Zugbegleitern auch durchweg bekannt. Dennoch ist der Großteil (ich weiß nicht ob nicht sogar die Mehrheit) der Zugbegleiter in der GDL nicht erst kürzlich, sondern schon vor Jahren übergetreten; allein im Winter 2002/2003, also den ersten Monaten nach Auflösung der Tarifgemeinschaft, mehr als ein Jahrzehnt her, fünf Jahre bevor Weselsky überhaupt Vorsitzender war (so viel zum Thema "es geht um Weselskys Machtwille"), kamen 3000 ZuB. Nun ein Denkanstoß: Wie zufrieden (oder eher verzweifelt) mit seiner aktuellen Vertretung muss ein Arbeitnehmer sein, wenn er zu einer Gewerkschaft wechselt, von der er weiß, dass sie auf Jahre nichts für ihn wird machen können? Damit ist es nicht nur absolut legal, sondern auch absolut legitim, dass die GDL sich nicht auf die Tarifeinheit mit der EVG einlassen möchte.
Deshalb rufen die Lokführer jetzt den siebten Streik in diesem sich endlos hinziehenden Tarifstreit aus. Die Gewerkschaft demonstriert damit vor allem eins: ihr Erpresserpotenzial.
Punkt 4: Nein, nicht die Lokführer. Erstens nicht alle Lokführer, denn es gibt durchaus auch EVG-Lokführer (die übrigens in ihrem Willen, von der EVG vertreten zu werden, von der GDL unterstützt werden; bereits am Anfang dieses Tarifkonflikts wies Weselsky in einem Interview darauf hin, dass es das gute Recht der EVG-Tf ist auch einen EVG-TV zu wollen und zu kriegen). Und zweitens nicht nur Lokführer, denn auch wenn die Presse gern anders tut, die anderen Berufe des Zugpersonals sollen nicht gekapert werden, nein, sie sind da. Siehe Punkt 3. Also, wenn schon mit Berufsgruppenbezeichnungen arbeiten, Frau el-Sharif: Die Zugpersonale rufen zum Streik auf. Aber wirklich korrekt ist nur: Die GDL ruft ihre Mitglieder zum Streik auf.
Punkt 5: Zu dem polemischen "Erpresserpotential"-Spruch ist schon genug gesagt worden. Nachdem Sie, Frau el-Sharif, eine Journalistin sind, gehe ich davon aus, dass Sie wissen, wie das politische und wirtschaftliche System dieses Landes funktioniert und damit auch, wie Tarifkonflikte in diesem Lande funktionieren. Daher muss ich annehmen, dass Sie bewusst und wider besseren Wissens hetzen, weshalb ich eine Replik hierzu als nicht zielführend betrachte und daher unterlasse.
Die Bahn sollte bis Mittwochvormittag ihre Unterschrift unter ein Protokoll setzen, das die Gewerkschaft anhand der bisherigen Gespräche aufgesetzt und mit all ihren Wünschen versehen hat [...], ohne das Recht auf Korrekturen [...]. Wenn er es nicht macht, kommt es [...] zum Streik.
Punkt 6: Ich gehe davon aus, dass Sie als professionelle Journalistin das Recherchieren gelernt haben. Daher haben Sie auch sicherlich sich nicht auf Hörensagen verlassen sondern selbst das GDL-Schreiben (Brief an AgV MoVe) gelesen. Entsprechend gehe ich davon aus, dass Sie als aufmerksame und kritische Leserin wahrgenommen haben, dass der Anhang des Schreibens konsequent als "Entwurf" und als "Vorschlag" bezeichnet wird. Die Behauptung, ein Recht auf Korrekturen werde abgesprochen, lässt sich auch aus anderen Stellen des Schreibens nicht belegen.
Nun wird der Druck auf die GDL-Führungsriege gewaltig zunehmen. Von außen, weil das Tarifeinheitsgesetz in diesem Jahr in Kraft treten dürfte, das voraussichtlich die Macht der kleineren Gewerkschaften beschneiden wird. [...] Von innen, weil die Mitglieder nach einem scheinbar endlosen Streit auch mal Ergebnisse sehen wollen. Am Ende wird ihnen egal sein, ob ihre Gewerkschaft auch für Schaffner oder Bordbistro-Mitarbeiter verhandeln darf. Wichtiger wird ihnen sein, dass ihr Gehalt stimmt.
Punkt 7: Dass das Tarifeinheitsgesetz kommt, erst Recht dieses Jahr, ist absolutes Wunschdenken der ehemaligen Arbeitnehmerpartei SPD mit ihrer Frau Nahles. Es gibt inzwischen kaum mehr einen renommierten Verfassungsrechtler, der den Entwurf bzw. die Idee an sich nicht schon heruntergeputzt hätte...
Punkt 8: Keine Sorge, die GDL-Mitglieder sind solidarisch. Klar gibt es einzelne Gegenbeispiele, aber sie sind erstens die Ausnahme und zweitens wird seitens der anderen Kollegen sofort entschieden dagegengehalten. Nein, den Wunsch die eigenen Mitglieder zu verraten wird Ihnen die GDL nicht gönnen.
Punkt 9: So und wer versucht jetzt einen Keil zu treiben...? Brauch ich die Frage wirklich beantworten, Frau el-Sharif?
Mit freundlichen Grüßen,
ein Lokführer, der nicht aus Eigennutz (für mich macht es auf absehbare Zeit keinen Unterschied), sondern aus Solidarität mit den schwächeren Berufsgruppen des Zugpersonals zum 1. Januar in die GDL gewechselt ist.