"Wo sind wir hier überhaupt?"
Die Bahn kommt - mal wieder nicht. Wegen eines vermeintlichen Baumes fielen gestern mehrere Züge aus. Das frustriert. Auch uns
I don´t like mondays - ich mag keine Montage. Immer wieder ging mir Bob Geldofs Song durch den Kopf, als ich gestern wieder vergeblich auf meinen Zug nach Witten wartete. "Die Abfahrt verspätet sich um 20 Minuten" - was die nette Stimme aus dem Lautsprecher allen Fahrgästen jedoch verschweigt, ist die kleine aber bedeutende Tatsache, dass in den nächsten Stunden keine einzige Bahn nach Witten fahren wird. Für mich und zahlreiche andere Pendler beginnt eine wahre Odyssee.
Eilig stampfen die Leute am Essener Hauptbahnhof auf ein Nebengleis. Nachdem der Zug um 9.34 Uhr abgestellt wurde, ruhen nun die Hoffnungen der Reisenden auf der Regionalbahn, die um 10.08 Uhr über Witten nach Hagen fahren soll. Zunächst sieht auch alles gut aus: Pünktlich fährt sie in Essen ein, pünktlich fährt sie in Essen ab. "Nochmal Glück gehabt", denken meine Mitfahrer und ich, "kommen wir doch nur eine halbe Stunde zu spät zur Arbeit." Zu früh gefreut - denn in Bochum findet die Fahrt ein jähes Ende.
Eine Erklärung dafür gibt es von den netten Mitarbeitern der Deutschen Bahn nicht, dafür aber der Tipp: "Nutzen Sie zur Weiterfahrt nach Witten und Hagen bitte andere Verkehrsmittel." Okay, und welche? "Keine Ahnung, gehen Sie bitte zur Information." Tun wir, helfen tut´s jedoch nicht. Ein Ersatzverkehr wird nicht angeboten. Also, runter in den U-Bahnhof, immerhin fährt ja die Linie 310 nach Witten.
Nicht nur in Essen, sondern auch in Dortmund sind die Züge in Richtung Witten und Hagen ausgefallen. In der vollen Straßenbahn treffen die Pendlergruppen aufeinander und es beginnt ein interessanter Meinungsaustausch: "Wie komme ich bloß nach Wetter?", "Weiß einer, ob von Witten aus auch ein Bus nach Hagen fährt?", "Wo sind wir hier überhaupt?"
Mit 90 Minuten Verspätung treffe ich schließlich um 11.30 Uhr in der Redaktion ein, greife sofort zum Telefonhörer - Anruf bei der Pressestelle der Deutschen Bahn in Düsseldorf: "Was war da los?", will ich wissen. Udo Kampschulte, stellvertretender Sprecher für die Region Nordrhein-Westfalen, meint: "Auf Wittener Gebiet ist ein Baum umgestürzt. Eine Oberleitung ist davon betroffen. Wir mussten das Gleis sperren." Gegen 9.20 Uhr soll sich der Vorfall ereignet haben - die Feuerwehr weiß davon allerdings nichts. "Uns ist darüber nichts bekannt. Ansonsten wären wir ja auch draußen gewesen", erklärt Ulrich Gehrke, Feuerwehr-Sprecher.
Kamen Sie gestern auch zu spät zur Arbeit, weil Ihr Zug ausfiel? Schildern Sie uns Ihre Erlebnisse im Internet: http://www.waz.de/witten
Westdeutsche Allgemeine Zeitung Witten vom 19. September 2006.
Der Artikel ist online lesbar unter www.waz.de
Ich denke nicht, daß ich das noch kommentieren muß. Die brauchen sich nicht zu wundern, wenn die Leute demnächst mit dem Auto von Essen nach Witten fahren. Insbesondere nachdem sich herausgestellt hat, daß überhaupt gar kein Baum gefallen ist.
Heute kam auch wieder so eine Geschichte: Nachdem der Bahnhof Witten-Annen Nord in einen Haltepunkt umgewandelt wurde, ist auch die Schranke, die bislang vom Fahrdienstleiter bedient wurde, automatisiert. Die funktioniert zwar nur gelegentlich, aber dafür sind jetzt mehrere Menschen arbeitslos. Ich wollte um 12.44 mit der S5 nach Dortmund fahren. Die Leute standen am Bahnsteig, die Schranken schlossen sich. Dann öffneten sich die Schranken wieder und der Zug kam angefahren. Er stand ne Weile am Bahnsteig, der Fahrer telefonierte vom Bahnsteig des öfteren und gegen 13.15 fuhr der Zug dann weiter. Dann kam auch der Gegenzug nach Mönchengladbach an - entweder hatte er zwanzig Minuten Verspätung, oder der 12.55 ist ganz ausgefallen. Beides ist bei der Deutschen Bahn AG gang und gäbe.