Unfall - Berlin-Karow - Regionalexpress fährt auf einen langsam fahrenden Güterzug auf.

  • Welches Stellwerk ist denn nun für die Unglücksstelle zuständig? Ich kenne mich da leider überhaupt nicht aus... Stellwerke.de kennt folgende Karower Stellwerke (Natürlich sind die Angaben von stellwerke.de ohne Gewähr, also nagelt mich bitte nicht drauf fest!):


    Karow "Kar", Bauform S&H 1912, nur S-Bahn
    Karow "Kar", ESTW, nur Fernbahn (Bedienung vom obigen Stw. "Kar"?)
    Karow Ost Abzw "Ako", S&H 1912
    Karow West Abzw "Akw", S&H 1912/GS II, Gemeinschafts-Stw. mit S-Bahn


    Alle elektromechanischen Stellwerke haben übrigens Lichtsignale.


    Wenn ich das richtig deute, liegt der Fernbahnteil des Bahnhofes Karow (wo das Unglück passierte) im Stellbereich des ESTW. In diesem Fall wäre meines Erachtens folgender Unfallhergang denkbar (alles natürlich Spekulation!!!):


    Der Lokführer des Güterzuges erkennt anhand des Vorsignals, dass er auf eine falsche Strecke geleitet werden soll (in diversen Zeitungsartikeln war von einer Fehlleitung des Gz die Rede), kontaktiert diesbezüglich den Fdl und hält vor dem Asig an. Der Fdl nimmt die Fahrstraße zurück und stellt den korrekten Fahrweg ein. Dabei wird - weiß der Geier wie - der Achszähler für das Gleis, in dem sich der Gz befindet, in Grundstellung gebracht (Versehen vom Fdl?!). Aufgrund dessen erkennt das Stellwerk den Abschnitt als "frei" und der Selbststellbetrieb stellt die Einfahrt für den nachfolgenden RE, womit das Esig wieder in die Fahrtstellung kommt.


    Der wunde Punkt in dieser These ist natürlich die Achszähler-Geschichte. Ich kann mir nicht erklären, wie und warum dieser in die Grundstellung gebracht wurde... Aber wie gesagt, das ist alles Spekulatius.


    Für den Fall, dass ein elektromechanisches Stellwerk zuständig war, wäre folgendes denkbar:


    Der Gz kommt aufgrund der Fehlleitung im Bf vor der Signal-Zugschlussstelle zum Stehen. Das Esig darf nun aufgrund des von Gerd zitierten 408-Auszuges nicht auf Halt gestellt werden. Allerdings könnte die Gleisfreimeldeanlage des rückliegenden ESTW (Basdorf ist ESTW, Bernau elektromechanisch) das Streckengleis wieder als frei melden, so dass der RE einen Fahrtbegriff erhält und am Esig immer noch freie Fahrt hat, obwohl das Bahnhofsgleis noch durch den Gz belegt ist. In diesem Falle hätte es der Fdl versäumt, die rückgelegene Zugfolgestelle zu informieren, bevor er den korrekten Fahrweg für den Gz einstellt.


    Fraglich hierbei ist es, ob die Gleisfreimeldeanlage tatsächlich unabhängig von dem benachbarten elektromechanischen Stellwerk arbeitet oder ob trotzdem noch das Rückblocken erforderlich ist, um einen nachfolgenden Zug ablassen zu können.


    Zitat

    Original von Jens
    Welche Maßnamen sind denn überhaupt Notwendig, um ein bereits auf fahrt gestellte Signal wieder auf halt zu stellen, BEVOR ein Zug das Signal passiert hat?


    Bei drohender Gefahr darf jederzeit und ohne Vorbedingungen ein Signal zurückgenommen werden. Insofern ist das technisch jederzeit möglich. Wenn keine Gefahr vorliegt, sondern "nur" z.B. eine Fehlleitung, muss zunächst mal sicher sein, dass der Zug entweder vor dem Signal hält (steht schon oder Tf ist per Funk informiert) oder das Vorsignal noch nicht passiert hat.


    Zitat

    Und könnte das nicht Einfluss auf die Zugbesetztmeldung in dem von dem GZ belegtem Bereich gehabt haben?


    Nö, das hat damit nix zu tun. Entweder muss manuell zurückgeblockt werden oder dort ist eine selbsttätige Gleisfreimeldeanlage verbaut. Im ersteren Fall sind das Auf-Halt-Stellen eines Signals und das Rückblocken zwei verschiedene Handlungen, im zweiten Fall gibts wieder zwei Möglichkeiten: Bei Gleisstromkreisen kann die Gleisbelegtmeldung nicht gelöscht werden, bei Achszählern ist das technisch möglich. Allerdings müssen dazu auch wieder bestimmte Bedingungen erfüllt sein.


    Zitat

    Wenn ja, könnte das ggf. erklären, wieso es überhaupt möglich war, dass das Einfahrsignalfahrt fahrt zeigte, denn der Bereich dahinter könnte ja fälschlicherweise als frei gemeldet gewesen


    Wie gesagt, wenn dort Achszähler verbaut sind, geht das theoretisch.

  • Zitat

    Bei drohender Gefahr darf jederzeit und ohne Vorbedingungen ein Signal zurückgenommen werden.


    Hallo micha, mal kurz OT:


    als ich mit deinem Namensvetter aus Berlin in Magdeburg unterwegs war hüpfte gegen Abend eine Frau durchs Gleis. Diese wurde von einem IC-Tf angemotzt und verließ den Gleisbereich. Dennoch wurde ein Notruf an die BuPo abgesetzt (diese erschienen ein paar Minuten später). Ein bereits gestellter Fahrweg für einen Regionalzug blieb trotz kurzzeitiger Streckensperrung gestellt. Ich konnte den Zug sehen, er stand, von ein paar Büschen verdeckt, vielleicht 200m vor dem Bahnsteig. Ich weiß nicht, wie in solchen Situationen gehandelt wird (ob die Züge per Nothaltauftrag per Funk zum Bremsen angewiesen werden?) aber hätte laut deiner Aussage der Fahrweg nicht wieder zurückgenommen werden müssen (Gefahr im Verzug)?
    Es handelt sich hierbei um KS-Signale und dementsprechend um ESTW.


    Grüße
    Julian

  • So, die Berliner Tageszeitung "Junge Welt" hat heute über den Unfall geschrieben:


    Es müsse davon ausgegangen werden, daß das Ausfuhrsignal am Bahnhof Karow für den Regionalzug einen sogenannten Fahrtbegriff zeigte, obwohl der davor liegende Streckenblock belegt war, heißt es in den Unterlagen. Dies sorge unter Lokführern für »große Verunsicherung«, da normalerweise in solchen Fällen eine Sicherheitstechnik greife, die die Einfahrt eines Zuges in einen belegten Abschnitt verhindert. Doch diese sogenannten Gleisfreimeldeanlagen sind nach Aussagen von Eisenbahnern teilweise nicht installiert, arbeiten nicht zuverlässig oder werden aufgrund von Störungen zeitweise abgeschaltet. Dadurch seien entsprechende Unfälle wie der am Donnerstag überhaupt erst möglich. Weiterlesen

  • Zitat

    Original von Harry Weston
    So, die Berliner Tageszeitung "Junge Welt" hat heute über den Unfall geschrieben:


    [i]Es müsse davon ausgegangen werden, daß das Ausfuhrsignal am Bahnhof Karow für den Regionalzug einen sogenannten Fahrtbegriff zeigte, obwohl der davor liegende Streckenblock belegt war, heißt es in den Unterlagen.


    Zählt Wünsdorf immer noch als Russiches Hoheitsgebiet? Die Kasernen werden Reaktiviert?
    :D