Suizid von Nationaltorwart Robert Enke

  • http://www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,660541,00.html


    Noch ein PU, der glorifiziert wird... Ich habe dem SPIEGEL folgenden Brief geschickt; ich hoffe, ich werde nicht der einzige sein, der die Schreiber mal auf diese Problematik hinweist. (Ja, ich weiss ich bin ein katastrophaler Briefeschreiber, ich hatte 7NP in Deutsch...)
    Jedenfalls bin ich zuversichtlich, dass es eine Reaktion gibt; der SPIEGEL ist ja nicht eine gewisse grosse Zeitung aus Hamburg, die nur der Sensation nachjagt, sondern eine Hochqualitaetszeitschrift, die noch der wahren journalistischen der Wahrheitssuche verpflichtet ist.


    Sehr geehrte Damen und Herren,


    der Beruf des Eisenbahners hat eine leider alltaegliche Schattenseite, das, was man offiziell und privat in Eisenbahnerkreisen euphemistisch einen PU nennt - die Abkuerzung steht fuer Personenunfall. Natuerlich passt das Wort nicht, es ist kein Unfall - aber noch weniger passt das von Ihnen, ich meine hier die Journalisten allgemein (ich verweise auch z.B. auf den Fall Ex-Milliardaer Merckle), benutzte Wort "Selbstmord". Ich will hier nicht ueber das moralische Recht zum Suizid schreiben; ich finde, jeder Mensch hat es, aber das ist nicht das Thema jetzt.
    Mir geht es um etwas anderes. Wieso passt das Wort Selbstmord nicht? Was heisst es denn? Selbst-Mord, also der Prozess des Toetens seiner selbst. Wer Selbstmord begeht, ist unter Umstaenden zu bewundern, denn unter Umstaenden kann das der einzige moralisch/ethisch vertretbare Ausweg sein. Aber wer sich vor den Zug wirft oder stellt, ist ein Feigling, und nichts, aber auch gar nichts rechtfertigt ihn. Wer sich vor den Zug wirft, toetet sich nicht. Er zwingt einen voellig unbeteiligten Menschen, den Ef (Eisenbahnfahrzeugfuehrer) ("Lokfuehrer"), ihn zu toeten. Ethisch ist das genau das gleiche, wie wenn dieser jemand eine Pistole nimmt und andere Menschen als Geisel nimmt, um den Polizeibeamten zu zwingen, ihn zu erschiessen.
    Wer jemanden zwingt, ihn zu toeten, ist kein Selbstmoerder. Er ist ein Feigling hoechsten Grades, der es nicht ein Mal wagt, sich selbst etwas anzutun, und, vor allem, ein Egoist schlimmster Art, der ueber Leichen geht und sich nicht im geringsten darum schert, wie es dem Eisenbahner vorn in seinem Fuehrerstand geht. Durchschnittlich passiert das jedem Eisenbahner, je nach Quelle, anderthalb bis zweieinhalb Mal pro Laufbahn - ich habe aber auch schon Eisenbahner getroffen, im Fernverkehrsdienst, einer der in 23 Jahren Dienstzeit 21 solcher Feiglinge hatte, oder einen, der binnen zwei Monaten gleich drei Faelle hatte. Und als Aussenstehender, und das bin ich ja, kriegt man die haertesten Faelle nicht mit.
    Stellen Sie sich doch mal auf dem naechsten Bahnhof an den Bahnsteig und reden Sie mit dem Fahrpersonal - und danach ueberlegen Sie bitte, ob Sie weiterhin solche Feiglinge als bemitleidenswerte Selbstmoerder darstellen.
    Mich interessiert nicht, was fuer Leistungen Enke als Sportler oder als Mensch erbracht hat - denn er hat alles mit seinem letzten Akt vernichtet. Das einzige, was an dieser Person nun enscheidend ist, er hat einem voellig unbeteiligten und unschuldigen Menschen kaltbluetig einen erheblichen Schaden zugefuegt.
    Der SPIEGEL ist eine Zeitschrift hoechsten Niveaus - ich bin vertrauensvoll und zuversichtlich, dass Sie nicht die Sensation in solchen Faellen suchen, sondern sich diesem sehr dunklem Thema widmen werden und Ihrer Leserschaft vermitteln, was durchschnittlich jeden Tag ein Eisenbahner irgendwo auf Deutschlands Schienen durchmacht. Gegen tatsaechliche Unfaelle koennen und werden wir kuenftigen und jetzigen Ingenieure viel tun. Aber gegen "PU" koennen wir nichts machen - diese Aufgabe liegt vollstaendig in Ihren Haenden. Nur Sie koennen diejenigen aufklaeren, die sich der Problematik nicht bewusst sind, und diejenigen, die sich ihrer bewusst sind und trotzdem entsprechendes planen, von einer solchen Tat abhalten, wenn Sie ihnen im vorneherein schon die Glorifizierung versagen.


    Hochachtungsvoll
    Ihr ####


    Hinweis von AndreasZ: Das Thema wurde aus dem Spiegel-Thema ausgelagert.

    Triebfahrzeugführer im Streckendienst der DB Fernverkehr in Frankfurt/Main
    BR: 101, 120, 147.5, IC-Steuerwagen, IC2-Steuerwagen, 401 ("ICE 1"), 402 ("ICE 2"), 403 ("ICE 3"), 406 ("ICE 3M"/"ICE 3MF"), 407 ("neuer ICE 3"), 411 ("ICE T"), 415 ("ICE T")

    Einmal editiert, zuletzt von AndreasZ ()

  • Ich bin nicht sicher, dass ich tatsaechlich nachhaltig was aendere, auch wenn ich zuversichtlich bin, zumindest etwas zu bewegen; aber ich bin hundertprozentig sicher, es ist der bessere Weg als sich resigniert zurueckzulehnen mit der Begruendung, es sei ja eh alles sinnlos.

    Triebfahrzeugführer im Streckendienst der DB Fernverkehr in Frankfurt/Main
    BR: 101, 120, 147.5, IC-Steuerwagen, IC2-Steuerwagen, 401 ("ICE 1"), 402 ("ICE 2"), 403 ("ICE 3"), 406 ("ICE 3M"/"ICE 3MF"), 407 ("neuer ICE 3"), 411 ("ICE T"), 415 ("ICE T")

  • Sorry Quork, aber mit dem Brief schießt du meiner Meinung nach ziemlich über das Ziel hinaus. Sicher ist es auf philosophischer Ebene durchaus diskussionswürdig, ob jemand, der sich vor einen Zug wirft, als Selbstmörder im Wortsinne bezeichnet werden kann. Auch die Konsequenzen eines solchen Vorfalls für den Lokführer sind es sicher wert, dass man darüber ausführlicher berichtet.


    Nebenbei bemerkt, gibt es da noch Feuerwehrleute, Bestatter etc., für die das Ganze auch keine schöne Angelegenheit ist. Auch diese Leute haben nicht schlecht an solchen Vorfällen zu knabbern - aber in den Zeitungen findet man darüber nur sehr selten etwas. In dieser Meldung geht es aber lediglich darum, dass sich ein Fußballer das Leben genommen hat (oder hat nehmen lassen, um es auf deine Weise auszudrücken). Nicht weniger, aber auch nicht (viel) mehr.


    Angenommen, du wärst der für diese Meldung verantwortliche Redakteur und würdest einen Leserbrief von einem Feuerwehrmann erhalten, der die Belastungen eines solchen Einsatzes für die Rettungskräfte schildert - würdest du in der nächsten PU-Meldung darauf eingehen und die Feuerwehrleute "bemitleiden"? Und jetzt stelle dir noch vor, dass ein Lokführer, ein Notarzt, ein Bestatter und ein Polizeibeamter auf die gleiche Idee wie der Feuerwehrmann gekommen sind... Wenn du die alle berücksichtigen willst, ist der entsprechende Part länger als die eigentliche Meldung.


    Die "Nebenkriegsschauplätze" könnte man mal in einer gesonderten Reportage behandeln, da kann das Thema auch wesentlich genauer beleuchtet werden. In einer Meldung über einen PU (unabhängig davon, ob sich damit nun Horst Schmitz aus Wanne-Eickel oder der Papst höchstpersönlich ins Jenseits befördert hat) ist das meiner Ansicht nach aber fehl am Platze. Wenn ich die Schlagzeile lese, dass sich ein bekannter Sportler vor einen Zug geworfen hat, möchte ich vorrangig darüber informiert werden und nicht über die psychischen Probleme der (indirekt) Beteiligten.


    Ich persönlich finde, dass der Artikel sachlich und neutral geschrieben ist. Kein Anlass, einen solchen Brief aufzusetzen.

  • Ich will auch Mitleid, vor nicht all zu lamger Zeit kam hier in´s Werk ein Zug, Steuerwagen führend, der einen erwischt hat und ratet mal, wer den Kuppeln durfte... [Blockierte Grafik: http://www.bahnerforum.de/foru…s/smilies/smilies4/31.gif]


    __________________
    [SIZE=2]Westfälische Loksim Gesellschaft[/SIZE]
    [SIZE=1]Der Nahverkehr am Rhein[/SIZE]


    [SIZE=1]Dieser Betrag wurde schon 2 mal storniert, zum letzten mal von Karstadt am 13.11.2009 15:04[/SIZE]

  • Die Fragen habe ich mir auch gestellt; was glaubst Du, wieso ich beim Fall Merckle nichts geschrieben habe? Und dazwischwen waren zwei oder dre Faelle in der Lokalpresse. Ich habe lange ueberlegt, bevor ich beschloss, beim naechsten Fall, und der ist eingetreten, zu schreiben.


    Du hast vollkommen Recht - es sind sehr viele Leute von so etwas betroffen. Allerdings kriegt keiner von ihnen es so direkt mit, und Notdienstler (und Bestatter sowieso) haben das zu ihrem Beruf gemacht. Ich denke, ein Feuerwehrmensch leidet unter einem durchschnittlichen Autounfall viel mehr, bei einem PU ist im Normalfall das, was bleibt, zu surreal, zu wenig menschaehnlich. Der Ef kriegt das Geschehen im Gegensatz zu den anderen direkt mit, und auch hat er das nicht als seinen Beruf gewaehlt. Ich denke durchaus, dass die meisten sich dessen bewusst sind, aber keiner waehlt deshalb diesen Beruf, im Gegensatz zu den Notdienstmenschen, deren berufliches Hauptziel das Helfen in solchen Situationen ist.


    Und dann noch was - wenn ein toter Ex-Sportler das Leid einer ganzen Liste Menschen verursacht, dann ist es nur recht und billig, dass diese Leute den Hauptteil des Artikels kriegen. Da muss sich der Journalist entscheiden - ist es seine Mission, dem Wunsch des Lesers "Ich will diese ruehrende Geschichte um Enke lesen" zu entsprechen, oder kehrt er zu seiner wahren journalistischen Aufgabe - die Wahrheit zu entdecken und darzubieten? Wenn er letzteres waehlt, und das ist mE beim SPIEGEL und anderen hochwertigen Medien meistens der Fall, dann ist es eben die Wahrheit, dass viele Menschen an diesem Morgen gelitten haben, auch wenn es vielleicht ungemuetlich ist insoweit, als dass es weniger sensationell und mehr bedrueckend ist.


    Ich meine, bei diesem "Neurodermitiswundermittel" hat der SPIEGEL ja auch nicht die ruehrende Sensation vom Wundermittel und seiner Aschenputtelgeschichte gross rausgeputzt und Auflagenrekorde verbucht, sondern, sobald andere Informationen vorlagen, diese auch veroeffentlicht - obwohl die Maschinerie eines PR-Coups fuer den Durchschnittsleser sicher weniger sensationsartig und spannend und ruehren ist, als die urspruengliche Geschichte. Deswegen halte ich es fuer durchaus moeglich, dass auch bei diesem Thema eingelenkt wird.

    Triebfahrzeugführer im Streckendienst der DB Fernverkehr in Frankfurt/Main
    BR: 101, 120, 147.5, IC-Steuerwagen, IC2-Steuerwagen, 401 ("ICE 1"), 402 ("ICE 2"), 403 ("ICE 3"), 406 ("ICE 3M"/"ICE 3MF"), 407 ("neuer ICE 3"), 411 ("ICE T"), 415 ("ICE T")

  • Zitat

    Du hast vollkommen Recht - es sind sehr viele Leute von so etwas betroffen. Allerdings kriegt keiner von ihnen es so direkt mit


    Soweit Zustimmung.


    Zitat

    und Notdienstler (und Bestatter sowieso) haben das zu ihrem Beruf gemacht.


    Solche Einsätze stellen aber die absolute Ausnahme dar. Klar, jeder Rettungssanitäter weiß, dass er auch mal solche Fälle haben kann. Und ein Bestatter ist sich auch bewusst, dass er mal unangenehmere "Kunden" haben wird, bringt aber dennoch überwiegend alte Leute unter die Erde, die eines ganz natürlichen Todes gestorben sind. Umgekehrt ist man sich aber als Lokführer auch bewusst, dass man mal jemanden "mitnehmen" kann.


    Zitat

    Ich denke, ein Feuerwehrmensch leidet unter einem durchschnittlichen Autounfall viel mehr, bei einem PU ist im Normalfall das, was bleibt, zu surreal, zu wenig menschaehnlich.


    Ein halber Arm, der in der Gegend rumliegt, ist nicht menschähnlich?


    Als passende Lektüre empfehle ich diesen Artikel im Bestatterweblog, genauer gesagt die Kommentare dazu. Dort ist teilweise sehr direkt dargestellt, was einen da erwartet. Und du kannst mir glauben: So etwas sucht sich niemand aus, auch kein RDler oder Bestatter.


    Zitat

    Der Ef kriegt das Geschehen im Gegensatz zu den anderen direkt mit, und auch hat er das nicht als seinen Beruf gewaehlt. Ich denke durchaus, dass die meisten sich dessen bewusst sind, aber keiner waehlt deshalb diesen Beruf, im Gegensatz zu den Notdienstmenschen, deren berufliches Hauptziel das Helfen in solchen Situationen ist.


    Ich behaupte mal, dass niemand, der an den Aufräumarbeiten nach einem PU beteiligt ist, genau deswegen diesen Beruf ergriffen hat bzw. seine Freizeit dafür opfert.


    Zitat

    Und dann noch was - wenn ein toter Ex-Sportler das Leid einer ganzen Liste Menschen verursacht, dann ist es nur recht und billig, dass diese Leute den Hauptteil des Artikels kriegen. Da muss sich der Journalist entscheiden - ist es seine Mission, dem Wunsch des Lesers "Ich will diese ruehrende Geschichte um Enke lesen" zu entsprechen, oder kehrt er zu seiner wahren journalistischen Aufgabe - die Wahrheit zu entdecken und darzubieten? Wenn er letzteres waehlt, und das ist mE beim SPIEGEL und anderen hochwertigen Medien meistens der Fall, dann ist es eben die Wahrheit, dass viele Menschen an diesem Morgen gelitten haben, auch wenn es vielleicht ungemuetlich ist insoweit, als dass es weniger sensationell und mehr bedrueckend ist.


    Seltsame Logik. Wer ist denn letztlich für den ganzen Zinnober verantwortlich? Der Lokführer? Die Feuerwehr?

  • Schlimme Sache. Keine Ahnung, warum der sowas tut. Vielleicht hat das ja auch mit seiner "mysteriösen Krankheit" zu tun. Mir tun die Frau, die nach ihrer leiblichen Tochter nun den Mann verloren hat und auch das kleine adoptierte Kind leid, das jetzt nach 8 Monaten schon wieder einen Elternteil verloren hat.


    Lieber Quork, dieser Beitrag/Brief war schon arg daneben, deine Ausdrucksweise finde ich schon mehr als grenzwertig und respektlos. Und warum reden immer alle vom Tf und dann lange von nichts mehr? Völlig klar, dass das nicht lustig ist, wenn man jemanden überfährt, egal ob mit dem Zug oder mit dem privaten Pkw, aber damit muss man schon rechnen. Das ist leider einfach so, es passiert leider täglich! Ich versteh' den Aufstand nicht, den manche deswegen machen. Es ist für die Betroffenen mitunter sehr schlimm, aber ob jetzt jemand vom Zug überfahren wird oder vom Hochhaus springt, macht genau einen Unterschied: Beim Hochhaus ist die Warscheinlichkeit geringer, dass ein "unbeteiligter" Bahner dabei ist, der sich das anschauen muss, aber vielleicht eine unbeteiligte Schulklasse, die nebenan auf'm Gehweg ist! Lieber Quork, ist die vorbereitet? Die Schulklasse rechnet wirklich nicht damit, dass da einer vom Himmel fällt, aber Lokführer sollten eigentlich Profis sein, man nennt das Berufsrisiko, würde ich sagen!


    Ich hab' das von Lokführern anders gehört. Sicher gibt es überall Leute, die sowas nicht so leicht wegstecken, aber ich hab' gehört, dass es für die meisten ein wesentlicher Unterschied ist, ob da jemand freiwillig oder eben unfreiwillig überfahren wird. Gerade im Stadtverkehr haben die Fahrpersonale viel mehr Angst vor "U-Bahnschubsern" oder anderen Leuten, die nicht in selbstmörderischer Absicht unter den Zug kommen (könnten).


    Die eigentlich wirklich armen Leute sind immer die, die bei solchen und anderen Unfällen aller Art als Ersthelfer an den Unfallort kommen oder die ganze Sache aufräumen müssen. Wer will kann ja mal seine örtlichen Feuerwehrler fragen, was die ständig sehen müssen. Ich will nicht wöchentlich so Sachen sehen wie Leute, die schreiend in Autowracks verbrennen, weil ich nicht mehr helfen konnte und vielleicht 30 Sekunden zu spät war.


    Unfallchirug ist auch ein in der Hinsicht "super Job"... Oder frag' mal Polizisten. Die sind auch alle unbeteiligt. Der Vergleich mit der Pistole, der hinkt ja nun auch. Es macht ein Unterschied ob sich jemand von einem zufällig fahrenden Zug und einem zufällig anwesenden Bahner überfahren lässt oder ob man sich vor einen stehenden Zug stellt und den Tf zwingt loszufahren. Der Vergleich mit der Pistole stimmt ja nur dann, wenn man als unbeteiligter Selbstmörder in einen Kugelhagel der Polizei reinrennt oder einen solchen provoziert, indem man beispielsweise mit 'ner Spielzeugpistole auf die GSG9 zu rennt...


    Mich wundert übrigens, dass noch keiner die Loknummer erwähnt hat... *duck*

  • Fällt ein solche Veröffentlichung nicht unter Datenschutz? Ich kenn mich da wenig aus, aber "greifst" ja ziemlich den SPIEGEL an... Naja, es ist ein Leserbrief, aber da wird es eh wie bei der Bahn gemacht - überfliegen, Entschuldigungs-Mail senden, löschen...?!


    Ich halte wie die anderen - aus ähnlichen Gründen - auch nichts von diesem Brief!


    Viele Grüße,
    Micha Becker


    P.S.: Ob der SPIEGEL wirklich so gut ist, darüber lässt sich streiten ;-)

  • Natürlich ist das eine "Art Berufsrisiko" des Triebfahrzeugführers, daß er einen Selbstmörder totfährt oder auch daß er zur Mordwaffe mißbraucht wird. Und auch der Polizist, der Feuerwehrmann, der Bestatter, für sie alle ist der Schienentod Teil ihres Berufes.


    Trotzdem sind sie diejenigen, die mir leidtun. Aber ebenso wie der Selbstmörder. Robert Enke war offensichtlich schwer depressiv, seine Krankheit hat ihn dazu gebracht, so etwas zu tun. Und vielleicht sollte man, wenn der Tod eines Depressionskranken, der in der Öffentlichkeit stand, so durch die Medien geht, einmal zum Anlaß nehmen, die Volkskrankheit Depression, an der soviele Menschen in unserem Land leiden, zu enttabuisieren. Wer depressiv ist, der ist nicht "faul", hat nicht "kein Bock", sondern ist schwer krank - eine chronische Krankheit, die sogar lebensbedrohlich sein kann, wie man gestern abend gesehen hat.

  • Zitat

    Original von MichaB
    Fällt ein solche Veröffentlichung nicht unter Datenschutz? Ich kenn mich da wenig aus, aber "greifst" ja ziemlich den SPIEGEL an... Naja, es ist ein Leserbrief, aber da wird es eh wie bei der Bahn gemacht - überfliegen, Entschuldigungs-Mail senden, löschen...?!


    Aeh, nein? Erstens, so lange mein Brief keine datenschutzrechtlich relevanten Dinge enthaelt, ist es einzig und allein meine Sache, wo ich ihn veroeffentliche. Ganz davon abgesehen, wenn Du mal den (gedruckten) SPIEGEL liest, da sind immer sehr viele Leserbriefe, auch viel staerker den SPIEGEL kritisierende, abgedruckt. Der SPIEGEL veroeffentlicht die Briefe, um die Proportionen der Meinungen der Leser grob darzustellen, nicht, um sich mit Lobeshymnen aufzuputzen, das ist keine grosse vierbuchstabige Zeitung aus Hamburg ;)

    Zitat

    P.S.: Ob der SPIEGEL wirklich so gut ist, darüber lässt sich streiten ;-)

    ? Was gibt's'n dem SPIEGEL vorzuwerfen? Ich kenne paar Leute, die den SPIEGEL nicht moegen, aber die geben auch keine mangelnde Qualitaet als Grund an, sondern sind vom Grundton verschieden; SPIEGEL ist eher links bis mitte, also rot-gruen, diejenigen sind eher so CDU-FDP-Klientel.


    Das Thema, ob der Selbstmord an sich richtig war oder nicht, etc., habe ich bewusst aussen vor gelassen. Natuerlich ist das wichtig; ich habe das ganz kurz in dem Brief angedeutet auch. Aber gerade bei ethischen Problemen, und das ist eines, muss man die Dinge halt getrennt beobachten. Und wenn ich mich damit beschaeftige, dass der vor den Zug ist, dann ist Enke in diesem Thema absolut negativ. Insgesamt betrachtet ergibt sich ein deutlich differenzierteres Bild, das leugne ich ja gar nicht. Aber das war nicht das Thema. Und obendrein nicht mit einem Eisenbahnforum verbunden, das kann man dann unter "Allgemeines" machen, unter "Reale Eisenbahn" hat nur das, was ich angesprochen habe, was verloren (ja, ich weiss, ich gehe selbst immer OT :rolleyes:...)


    Was Harry Weston sagt, ist absolut richtig, das Thema "Depression" wird in unserem Kulturkreis tabuisiert und banalisiert, und es ist wichtig, diesen Fall als Anlass zu nehmen, endlich etwas dagegen zu tun. Genau so aber sollte man diesen Fall als Anlass nehmen, auf die Problematik hinzuweisen, die ich hier genannt habe (a propos; ich lasse mich gerne eines besseren belehren, was die Notdienstler und Bestatter angeht; ich werde bei der naechsten Gelegenheit mich darueber informieren); da kann man eigentlich nur noch aus AZ's Link zitieren; "wenn, dann bitte nicht auf die Gleise, nicht von der Bruecke und nicht in's Wasser".

    Triebfahrzeugführer im Streckendienst der DB Fernverkehr in Frankfurt/Main
    BR: 101, 120, 147.5, IC-Steuerwagen, IC2-Steuerwagen, 401 ("ICE 1"), 402 ("ICE 2"), 403 ("ICE 3"), 406 ("ICE 3M"/"ICE 3MF"), 407 ("neuer ICE 3"), 411 ("ICE T"), 415 ("ICE T")

  • Zitat

    Original von Quork
    Aeh, nein?


    War ja auch nur so eine Frage... ;)

    Zitat

    Erstens, so lange mein Brief keine datenschutzrechtlich relevanten Dinge enthaelt, ist es einzig und allein meine Sache, wo ich ihn veroeffentliche.


    Eben. Ich war mir da nicht so sicher, weil hier ja öfters Gemecker kommt, wenn man Mails veröffentlicht.

    Zitat


    Der SPIEGEL veroeffentlicht die Briefe, um die Proportionen der Meinungen der Leser grob darzustellen, nicht, um sich mit Lobeshymnen aufzuputzen, das ist keine grosse vierbuchstabige Zeitung aus Hamburg ;)


    Nun rate aber mal, was die Eisenbahner Zeitung schlecht hin ist, nicht der Spiegel sondern.... B**D ;)

    Zitat

    ? Was gibt's'n dem SPIEGEL vorzuwerfen?


    Ich will mir jetzt keine Spiegel-Leser zum Feinde machen, also spare ich mir jetzt jedes Kommentar ;)


    Viele Grüße,
    Micha Becker

  • Naja ich weiß nicht was ich dazu sagen soll zu dem ganzen es ist tragisch wie bei jedem Menschen der das Leben verliert aber es war der Weg den er für sich gewählt hat. Zur seiner Vorbildfunktion für kranke Menschen bzw. Kinder sag ich mal nix die Message die er damit rübergebracht hat ist klar oder? Ich denke das Selbstmord eine sehr egoistische Sache ist. Auch wenn das dieser Person in diesem Moment nicht klar ist, vor allem wenn sie unter Depressionen leidet. Die Menschen die leiden sind in erster Linie Familie, Freunde, Kollegen und in diesem Fall auch die Fans, weil sie nicht wissen wieso dieser Weg gegangen wurde. Die zweiten betroffenen sind natürlich die Helfer die immer kommen müssen sowie unbeteiligte Personen die sich so was anschauen müssen bzw. die als "ausführende" benutzt werden.


    Natürlich ist Helfern und auch Lokführern klar das solche Momente kommen könnten aber wer denkt schon daran wenn er morgens aufwacht? Eben keiner und das ist das trügerische und auch das was diesen Schock auslöst.


    Ich selbst war einmal Zeuge eines Selbstmordes. Du wirst mit einem Schlag aus der Welt gerissen in eine Welt die du nicht betreten wolltest, dein Körper verkrampft sich in diesem Moment und die Sekunden werden zu Stunden und gerade weil dir die Zeit so endlos vorkommt kommt man sich selbst so hilflos vor, weil es nix gibt was du tun kannst und zusehen musst, wie ein Mensch stirbt. Als die Person auf dem Boden aufprallte da war es am schlimmsten dieses Geräusch und das Bild werd ich mein Leben lang nicht vergessen. Und dann kommt nix einfach nix mehr. Du bist innerlich wie tot. Du kannst nur atmen dein Körper zittert und die Gedanken und Bilder rasen durch deinen Kopf. Ich war danach echt wochenlang am Arsch weil ich darauf nicht klarkam weil du dich i-wie als Mittäter fühlst, dir sagst wieso konnte ich nicht helfen oder was tun? Vor allem passierte es als für mich eigentlich ein guter Tag war.


    Also ich erzähle das jetzt auch nicht aus Mitleid oder so das ist mittlerweile auch über 10 Jahre her und ich hab es verkraftet aber ich erzähle es mal um das Gefühl zu beschreiben. Und ich möchte nicht wissen wie man sich vorkommt wenn man weiß das man die Möglichkeit hatte es zu ändern ( In diesem Fall Bremsen auch wenn es wahrscheinlich nix gebracht hätte) das ist bestimmt noch viel härter.


    In meiner Aussage möchte ich keinen Beleidigen oder Angreifen das ist eben meine Meinung dazu und ich möchte auch nicht über Robert Enke urteilen denn im tot werden die Sünden vergeben. Möge er in Frieden ruhen

  • Was ich einmal zu dem Thema Enke sagen wollte: die Medien labbern immer nur vom ihm aber wer denkt mal an den Lokführer der das jeden Tag aufs neue die Trauer um Enke sicht, es würde mich nicht wundern wenn er sich umbringen würde.

  • Gestern: Brisant (ARD)
    Morgen: Kerner (SAT.1, 21.15 Uhr)


    Erst googlen dann posten ;)

  • Dienstag Akte 09 und diverse Zeitungen (eine weiß ich garantiert zumindest vom Onlineauftritt) befassen sich damit.


    Natürlich kommt das nicht ganz so Öffentlichkeitswirksam rüber, wie der Tod des Selbstmörders.


    Was ich noch erschreckend fand, war diese Beisetzungszeremonie heute Mittag in Hannover, die sogar im Ersten Deutschen Fernsehen übertragen wurde...
    Es kann mir keiner erzählen, dass das im Sinne eines depressiven Selbstmörders gewesen sein kann, der seine Tochter verloren und sowohl seine Frau als auch das Adoptivkind im Stich gelassen hat.

  • Unsere Sonntagszeitung "Schleswig-Holstein am Sonntag" hatte auch einen langen Artikel, den ich persönlich relativ passend fand. Interessant dann aber wieder ein riesiges Foto eines Haltepunkts, fotografiert von der Gleismitte. Das ist da natürlich auch verkehrt.

  • Ich glaube es ist sinnlos einen moralischen Appell an potentielle Selbstmörder zu richten, sich so umzubringen, dass es keiner mitkriegt und niemand die Leiche "wegmachen" muss.
    Selbstmörder nehmen ja die Trauer und das Leid der Angehörigen meistens bewusst in Kauf, um sich selbst aus einer furchtbaren, scheinbar ausweglosen Situation zu befreien.
    Ein Selbstmörder, der so selbstlos ist, bei seiner letzten Tat auch noch an andere zu denken, würde sich wohl eher nicht umbringen...


    lg fuxi