Schutzstrecken bei E-Loks

  • Hallo,
    Bei einigen Schutzstrecken muss ja der Bügel runter.
    Deshalb wollte ich fragen wie dieser Runtergemacht wird,
    da das senken meines Wissens nach nur im Maschienenraum möglich ist.


    MfG Luisg

  • Hallo Luis,


    nach etwas längerer Inaktivität meinerseits stellt mich dein Beitrag hier mal wieder vor eine unglaubliche Herausforderung: ich bin hin- und hergerissen zwischen folgenden beiden Varianten einer Antwort:
    a) kurz und profund
    b) langwierig und ausschweifend


    Schon an der Länge der Punkte a) und b) lässt sich erkennen, dass die Antworten unterschiedlich ausfallen würden.


    Also mischen wir das ganze ein bisschen.
    Der Stromabnehmer (kurz: Sta) ist ein Bauteil einer Elektrolokomotive, welches dem Triebfahrzeug (kurz: Tfz) ermöglicht, den Strom aus der über ihr geführten Oberleitung (kurz: OL) zu beziehen, auch bei Fahrwegkreuzungen oder -verzweigungen.
    Dabei schleift eine Leiste, die sogenannte Schleifleiste (welch passendes Wort für dieses Bauteil) an der Oberleitung, über sie und noch einige weitere Bauteile gelangt der Strom in die Lokomotive.


    Da es auch zu der Aufgabe des Triebfahrzeugführers (kurz: Tf) gehört, die Strecke zu beobachten (das nennt man dann Strecken- oder Fahrwegbeobachtung - wieder so treffende Worte...) und auch die Oberleitung ein Teil der zu beobachtenden Strecke ist, muss es dem Tf möglich sein, bei einem Schaden an der OL den Sta des Tfz zu senken, ist eine Bedienung des Sta in erreichbarer Nähe zum Tf unabdingbar.
    Der Befehl, den Stromabnehmer zu heben oder zu senken, wird ganz einfach mittels der Bedienung eines Tasters gegeben.
    Die darauf folgenden Schritte sind zu umfangreich und zu weitgehend, dann wären wir nämlich bei Variante b) ;)


    Also: Bei Schutzstrecken, bei denen es nötig ist, den Stromabnehmer zu senken, ist es dem Tf möglich, dies vom Führerstand aus zu tun, ganz einfach während der Fahrt.


    Weitere Fragen? :)


    Hier noch ein paar nützliche Links:
    [expander]
    http://de.wikipedia.org/wiki/Stromabnehmer
    http://fahrweg.dbnetze.com/file/2360942/data/rw_492_1005.pdf[/expander]

  • Kleine Frage: Kuerzt man bei Euch echt mit "Sta" ab? Ich hab bisher immer nur "SA" gelesen und gehoert, offiziell wie inoffiziell. Waere geschichtlich vll. unbedenklicher, aber irgendwo laesst sich fuer vermutlich jede Buchstabenkombination eine negative Geschichte finden. Nach Grossbritannien kann ich schliesslich auch gefahrlos einreisen, obwohl ich in der IRA (*) war xD


    * Innenreinigungsanlage

    Triebfahrzeugführer im Streckendienst der DB Fernverkehr in Frankfurt/Main
    BR: 101, 120, 147.5, IC-Steuerwagen, IC2-Steuerwagen, 401 ("ICE 1"), 402 ("ICE 2"), 403 ("ICE 3"), 406 ("ICE 3M"/"ICE 3MF"), 407 ("neuer ICE 3"), 411 ("ICE T"), 415 ("ICE T")

  • Ist es ehrlich gesagt nicht völlig egal, wie man es abkürzt?
    Vielleicht wird es offiziell auch als SA abgekürzt, weil es ein Buchstabe weniger ist und das eine Druckkostenersparnis von 3,79 € hervorruft...


    So wie letztes Jahr unser Wagenprüferhandbuch neu herausgegeben wurde, weil die Abkürzung für "Gewaltschaden" - also ein Schaden, der vom Kunden herbeigeführt und auch von ihm bezahlt werden soll - dann nicht mehr "Gws", sondern "Gs" lautete... oder so ähnlich ;)

  • @BenjaminR: Du weisst doch, bei uns ist nix egal xD


    @LuisG: Genau richtig. Also, auf E-Loks bezogen. Oder zumindest auf klassische E-Loks bezogen; wie man in meiner Signatur sieht, hab ich leider keine BR-Ausbildung auf einer Lok. Also kann ich nicht sagen, ob es nicht bei modernen E-Loks vll. auch ueber's Display geht. In Triebzuegen, sofern sie mehrere Stromabnehmer haben (ist bei Fahrzeugen des Stadtschnellverkehrs bspw. ja idR auch nicht der Fall (bzw. bei BR420 nicht mehr)), laeuft das, mangels Maschinenraum, ebenfalls aus dem Fuehrerstand.

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  • Luis G:
    Zitat aus der Lokmappe der BR 185:

    [Blockierte Grafik: http://666kb.com/i/ceu1w92rvnksbz4ng.jpg]



    Ansonsten noch gefunden in der Mappe der BR189:

    Zitat

    Mit dem Kipptastschalter „Stromabnehmer“ im Führertisch des jeweils besetzten Führerraumes wird der Befehl zum Heben des Stromabnehmers dem Zentralen Steuergerät
    übermittelt. Sind alle Freigabebedingungen erfüllt, werden die Stromabnehmer je nach Vorwahl gehoben.

  • Kurze Anmerkung zum 420: Die Auswahl erfolgt (gibt ja noch einen mit zwei Bügeln :-) ) hier nicht über den Führerstand, sondern über die beiden sogenannten Schaltschränke im Mittelwagen, müsste über das Umlegen von Ks (also Sicherungen) gehen. Details hab ich dazu jetzt aber nicht im Kopf. Gilt zumindest für die älteren Fahrzeuge.


    Ich glaub der 420er kann dabei in einer Stellung auch automatische Auswahl je nach Fahrtrichtung - bin da jetzt aber nicht ganz sicher.

  • Kurze Anmerkung zum 420: Die Auswahl erfolgt (gibt ja noch einen mit zwei Bügeln :-) ) hier nicht über den Führerstand, sondern über die beiden sogenannten Schaltschränke im Mittelwagen, müsste über das Umlegen von Ks (also Sicherungen) gehen. Details hab ich dazu jetzt aber nicht im Kopf. Gilt zumindest für die älteren Fahrzeuge.


    Ich glaub der 420er kann dabei in einer Stellung auch automatische Auswahl je nach Fahrtrichtung - bin da jetzt aber nicht ganz sicher.


    Naja, fast. Bei den 420 mit zwei SA wurde das über ein Relais im "Rucksack" im MTW angesteuert, damit war auch eine automatische Auswahl möglich. Allerdings ist man nicht lange mit zwei SA gefahren und hat den zweiten SA frühzeitig abgeklemmt. Problem war der fehlende Trennschalter, so stand der gesenkte SA ebenfalls unter 15 kV und bedingt durch die hohen Bahnsteige war dieser dann zu Nahe am Reisenden - Unfallgefahr. Deswegen hat man später den zweiten Stromabnehmer bei fast allen Fahrzeugen wieder abgebaut, bei uns in Frankfurt existiert noch ein 420, der zwei SA hat. Hier ist der zweite aber abgeklemmt und nicht betriebsfähig. Die 7. und 8. Bauserie wurde dann auch nur noch mit einem SA ausgeliefert.

  • Bei den mir bekannten Baureihen E42, E11 der DR waren die Stromabnehmer Wahlschalter nicht im Maschienenraum sondern im Führerstand.
    Bei der 243 und 250 (143 und 155 DBAG) Schalter im Maschinenraum.


    gruß André

    Sei dabei.. beim GSIII.

    Einmal editiert, zuletzt von AndreW () aus folgendem Grund: Ergänzung Br 155

  • Ich hab noch ne Frage zum SA: Warum lassen sich beide SA´s gleichzeitig hochfahren?
    Hab noch nie ne Lok mit 2 aktiven SA gesehen.


    MfG. Luis

  • Meines Wissens ist das z.B. im Winter bei vereister Oberleitung üblich. Der vordere kratzt das Eis herunter sodass der Hintere dann optimalen Kontakt hat.


    Bei Trennstellen darf dann aber nicht vergessen werden zumindest einen Sta zu senken, sonst gibts ein schönes Feuerwerk :D

  • Es gab mal den Witz das jeder Stromabnehmer einen Motor mit Strom versorgt also beide oben sein müssen damit beide Motoren Strom haben. :D
    Die 185 003-1 hat demnach 4 Motoren weil sind ja 4 Stromabnehmer drauf. Die E69 dagegen nur einen. ;)
    Ich finde dies ist eine schöne Erklärung, mit dem nötigen Ernst im Gesicht kann man das bestimmt jemanden glaubhaft machen.


    mfg André

  • Ich hab noch ne Frage zum SA: Warum lassen sich beide SA´s gleichzeitig hochfahren?

    Neben Sebastians ein weiterer Grund: Beim Fahrtrichtungswechsel ist es auch ganz vorteilhaft, wenn beide Sta oben sind, dann kann der Sta bei "hochgefahrener" Lok gewechselt werden.

  • Um zur ursprünglichen Frage zurück zu kommen:



    Gehoben bzw gesenkt wird der Stromabnehmer mit Druckluft. Da der Kompresser ja nur läuft, wenn die Lokomotive bereits "unter Strom" ist, müsste sich ja der Stromabnehmer gar nicht heben lassen, wenn eine Lok irgendwo kalt abgestellt ist. Daher gibt es einen sogenannten Hilfskompressor.


    Das ist ein kleiner Kompressor, der aus den Batterien gespeist wird und der gerade genügend Druckluft erzeugt um alle wichtigen Funktionen am Leben zu erhalten. Moderne Lokomotiven haben zudem eine Schleifleistenüberwachung. Da läuft in der Schleifleiste ein kleiner Schlauch der mit Druckluft gefüllt ist. Wenn nun die Schleifleiste bricht, wird auch der Schlauch beschädigt und die Druckluft strömt aus, was zur Folge hat, dass sich der Stromabnehmer automatisch senkt und schlimmere Schäden vermeidet.


    Was passieren kann wenn man diese Vorrichtung nicht hat sieht man hier:



    (siehe hier: http://www.youtube.com/watch?v=t8VNGUQ9dKI )


    Grundsätzlich wird immer mit dem in Fahrtrichtung hinteren Stromabnehmer gefahren und das hat einen ganz einfachen Grund:


    Wenn sich der hintere Stromabnehmer bei voller Fahrt verfängt und heruntergerissen wird, wird auf der Lokomotive selbst am Dach kaum was beschädigt. Der 2.Stromabnehmer (vordere) ist immer noch intakt und man kann mit dem vorderen Stromabnehmer weiterfahren. Ist nun der vordere Stromabnehmer am Fahrdraht und hängt sich ein, wird er heruntergerissen und schleift über das ganze Dach der Lokomotive nach hinten und kann etliche Bauteile am Dach (Hauptschalter, anderer Stromabnehmer etc) schwer beschädigen dass eine Weiterfahrt nicht mehr möglich ist.



    Natürlich gibt es Ausnahmen:


    Wenn hinter der Lokomotive Waggons laufen, welche zb brennbare oder leicht entzündliche Güter geladen haben, oder Wagen laufen mit einer Fracht welche nicht zu dreckig werden darf, dann muss der vordere Stromabnehmer gehoben werden. Es kommt immer wieder vor, dass es funken regnet wenn die Schleifleiste am Fahrdraht dahin rauscht. Ist der Vordere gehoben, fliegen diese Funken nur auf das Lokdach wo sie keinen Schaden anrichten können und nicht auf den Kesselwagen hinter der Lok der zb Benzin geladen hat.


    Auch wenn hinter der Lok zb ein Steuerwagen hängt, muss der vordere Abnehmer oben sein. Die Schleifleiste besteht aus Kohle und durch den Abrieb fliegt immer eine Art "Ruß" herunter. Damit man die Scheibe des Steuerwagens nicht komplett verdreckt benutzt man den vorderen Abnehmer und der Dreck fliegt nur auf das Lokdach und die Scheibe bleibt sauber. Gleiches wird angewendet wenn man zb einen Zug mit Neuwagen am Haken hat. Um die nicht völlig zu verschmutzen -> vorderer Bügel.


    Das ist auch der Grund warum die meisten Dächer von Lokomotiven ziemlich schwarz sind ;)


    Aber auch hier gibt es wieder Ausnahmen natürlich, weil es ja Loks gibt die nur einen passenden Stromabnehmer haben (zb BR 189) - da ist es dann egal wie gefahren wird - nur teils gibt es dann eben Geschwindigkeitsbeschränkungen etc...



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  • Joe Du weisst aber schon, dass der Hilfsluftpresser wirklich nur eine Notfallrueckfallebene ist? Das Stromabnehmer-Hauptschalter-System speist sich aus dem Zusatzluftbehaelter (und nicht etwa Hilfsluftbehaelter, der Begriff ist naemlich schon anderweitig belegt) und dieses ist bei den meisten Baureihen dicht genug, um auch noch mehr als eine Woche nach dem Abruesten den SA hoch zu kriegen und den HS rein zu bekommen. Der Hilfsluftpresser laeuft erst dann, wenn der Druck nicht mehr hoch genug ist in diesem System.

    Triebfahrzeugführer im Streckendienst der DB Fernverkehr in Frankfurt/Main
    BR: 101, 120, 147.5, IC-Steuerwagen, IC2-Steuerwagen, 401 ("ICE 1"), 402 ("ICE 2"), 403 ("ICE 3"), 406 ("ICE 3M"/"ICE 3MF"), 407 ("neuer ICE 3"), 411 ("ICE T"), 415 ("ICE T")

  • Also bei meinen Baureihen heißt der Sonderluftbehälter, und bei einigen 110ern ist der alles andere als dicht, nach einem Tag leer. Den Hilfsluftpresse muss man von Hand starten.
    Aber die hat auch noch viele Möglichkeiten, letzten Winter eine luftleere nu noch mit 40 Volt i der Batterie wieder zum Leben erweckt, winterabgestellt durch die Werkstatt ohne den Luftpresser einzuschalten.


    Den Stromabnehme auswählen tut man dort einfach mit einem Wahlventil mit den vier Stellung
    -ich lass hie keine Luft durch
    -Luft nur zu Stromabnehmer 1
    -Luft nur zu Stromabnehmer 2
    -Luft zu beiden Stromabnehmern


    Den Griff dieses Ventils kann in der ersten Stellung abgezogen werden und ist der "Schlüssel" für den Hochspannungskäfig oder dient auch zur Aktivierung diverser Schiebebühnen und Drehscheiben wenn man kein örtlicher Mitarbeiter ist.


    Dieses Ventil ist bei der E69 beispielsweise oder den Krokodilen noch das gleiche wie bei der Baureihe 120, erst dann setzten sich Überfall andere Steuerungsmöglichkeiten durch.


    Noch zu zwei gehobenen Stromabnehmern, früher war es üblich mit beiden zu fahren, da die ersten Stromabnehmer nur eine Schleifleiste hatten.
    Und die Hilfslufsluftpresser bestanden zumeist aus einer einfachen Handpumpe.